Rezension

Die Welt aus der Sicht eines Kindes

Der Junge im gestreiften Pyjama - John Boyne

Der Junge im gestreiften Pyjama
von John Boyne

Bewertet mit 5 Sternen

~°..Der Inhalt..°~

Bruno ist neun als er sein gemütliches Zuhause, seine besten Freunde und das Gewusel der Berliner Innenstadt für ein Leben in einem hässlichen Haus mitten im tristen Nirgendwo zurücklassen muss. Noch ahnt er nicht, welche schrecklichen Dinge im Land vor sich gehen und trauert daher vielmehr um seine Spielkameraden und die Großeltern in Berlin.

Eines Tages trifft er am nahe gelegenen Drahtzaun einen Jungen namens Schmuel. Ein seltsamer Junge, der nicht nur abgemagert ist, sondern auch wie all die anderen Menschen auf der anderen Zaunseite einen gestreiften Pyjama trägt. Was Bruno anfangs als spielerische Entdeckungsreise ansieht, wird für ihn bald zu einer Reise in die Realität. Einer Realität, die Bruno brutal einholt und zu der er längst unwissentlich gehört.

~°..”Seine Füße trugen ihn Schritt für Schritt näher zu dem Punkt in der Ferne, der zwischenzeitlich ein Fleck geworden war und langsam alle Anzeichen aufwies, sich in einen Klacks zu verwandeln. Und kurz darauf wurde der Klacks ein Schemen. Und als Bruno noch näher kam, sah er, dass das Ding weder ein Punkt noch ein Fleck noch ein Klacks noch ein Schemen war, sondern ein Mensch. Genau genommen war es ein Junge.”(Zitat , Seite 132)..°~

“(..)Über den Holocaust zu schreiben ist eine umstrittene Angelegenheit, und jeder Schriftsteller, der sich mit dem Thema befasst, sollte sich seiner Absichten sehr bewusst sein, bevor er zu schreiben beginnt. Es ist vermessen anzunehmen, dass die Schrecken der Konzentrationslager aus heutiger Sicht wirklich begreifbar wären, und dennoch ist es die Pflicht eines jeden Autors, innerhalb dieser Landschaft des Grauens möglichst viel emotionale Wahrheit zu zeigen.
Beim Schreiben und Überarbeiten des Buches war ich überzeugt, dass es für mich nur einen respektvollen Weg gibt, mich dem Thema zu nähern: durch die Augen eines Kindes(..)”

Auszug aus dem Nachwort des Autors

John Boynes Werk sollte Pflichtprogramm an deutschen Schulen werden. Denn obwohl “Der Junge im gestreiften Pyjama” als eine Fabel gilt, verrät uns seine Geschichte viel mehr von der Vergangenheit unseres Landes als man anfangs annimmt.

Boyne gelingt es auf spielerische Art und Weise nichts und zugleich “die Welt” zu erzählen. Er schürt die Fantasie des Lesers, verleiht den scheinbar unbedeutenden und leisen Zeilen so viel Stimme und schenkt ihnen Nachdruck. Er konfrontiert uns mit der Vergangenheit und übermittelt uns die Wahrheit, die viele vielleicht nicht mehr hören wollen, weil sie die Geschichten des Holocausts über haben, übersättigt sind von den vielen Eindrücken oder gänzlich geschockt von der Brutalität vieler unserer Vorfahren.

Und dennoch kann man sich dem Sog der Geschichte nicht entziehen. Durch Bruno führt Boyne den Leser auf eine so naive und kindliche Art und Weise an die Ereignisse des Holocausts heran, dass sie einen noch tiefer berühren, als es vielen anderen Bücher je gelingen wird.