Die Welt der Mary Perrault
Bewertet mit 5 Sternen
Märy Perrault lebt mit ihrer Familie auf dem Lande und führt trotz ihrer eingeschränkten Möglichkeiten ein gastliches Haus.Es ist die Zeit der Weltwirtschaftskrise. Als ihre Freundin Agnes mit ihren Enkel verunglückt, nimmt sie ihren Witwer unter ihre Fittiche, wobei sie ihm dabei die Möglichkeit gewährt, die Intensität ihrer Fürsorge selbst zu bestimmen. Doch auch für die Freunde ihrer Kinder ist an ihrem Tisch stets Platz. Für ihre Familie hat sie stets ein offenes Ohr.
Auch wenn Mary nicht durchgehend im Fokus steht, ist es ihre Welt, die hier beschrieben wird - ihr eigener Fokus, den sie - quasi unmerklich, manchmal sogar für sich selbst - entwickelt hat. Denn sie gestaltet ihr Umfeld auf sanfte Art - sie befiehlt nur in sehr großen Ausnahmefällen. Manchmal macht sie Vorschläge, die so gut sind, dass sie fast ausnahmslos angenommen werden. Aber allermeistens handelt sie, justiert, reguliert auf ihre ganz eigene, warmherzige Art, die sogar Menschen, die ihr nicht besonders liegen, umfasst. Denn in der Welt der Mary Perrault findet jeder seinen Platz.
Ein Roman, der bereits 1943 entstand und erst jetzt auf Deutsch erschien. Natürlich merkt man ihm das durch das ländliche Setting, in dem vieles noch auf herkömmliche Art gehandhabt wird, an. Doch Mary, geboren in Schottland und verheiratet mit einem Franzosen, ist alles andere als weltfremd - sie ist jemand, der versteht - und auch verzeiht. Nicht immer natürlich, aber doch sehr häufig. Für mich ist dieser Roman im Hinblick auf ihre Sicht, die sie bspw. an ihre gerade erwachsene Tochter Melanie weitergibt, ein zeitloser. Wenn es mehr Menschen wie Mary gäbe, wäre die Welt eine andere. Aber dafür haben wir ja zumindest diesen Roman der 1998 verstorbenen us-amerikanischen Autorin Janet Lewis, die uns die Welt zeigt, wie sie sein könnte, Und zwar so, dass jeder, der bereit ist, es auch versteht. Ein wunderbarer, lebenskluger Roman, dem ich eine große Reichweite wünsche.