Rezension

Die Welt der Me Susane

Die Rache ist mein -

Die Rache ist mein
von Marie Ndiaye

Bewertet mit 3.5 Sternen

Ein Roman für Leser, die das Spiel mit der Sprache genießen, aber nicht alles im Detail erfahren müssen.

Wir begegnen der Anwältin Me Susane, mäßig erfolgreich, mäßig glücklich, mäßig beliebt: sie erhält in ihrer Kanzlei Besuch von einem Klienten, der ihr einen ungewöhnlichen Fall übergibt: nämlich den einer Mutter - seiner Ehefrau, die die drei gemeinsamen Kinder ermordet hat. Und den sie zu erkennen glaubt - aus einer Begegnung in ihrer Kindheit.

Doch wenn Sie nun glauben, dass der Roman weiter dieses Verbrechen, diesen Fall verfolgt, dann sind Sie auf dem Holzweg, er kommt nur am Rande vor. Denn mit Beginn der Handlung erhalten Sie Eintritt in die Welt der Me Susane, die aus etlichen weiteren Facetten besteht.

Vor allem dem Miteinander mit ihrer Haushälterin Sharon, einer illegalen Einwanderin, der sie zur Legalität verhelfen will. Es ist ihr wichtig, dass Sharon sich wohlfühlt, gleichgültig, ob sie nun arbeitet oder nicht und so trägt sie es mit Fassung, als sich herausstellt, dass Sharon während der Arbeitszeit in ihrem Haus in Wirklichkeit zu zwei anderen Putzstellen aufbricht. Doch zeigt Sharon ihre Achtung durch opulente, elegante Mahlzeiten, auf den Punkt zubereitet.

Weitere "Baustellen" in Me Susanes Leben sind ihre Eltern, mit denen sie sich nicht ganz einig ist über das, was für sie gut ist und ihr Freund Rudy, den sie - vor allem mithilfe ihrer Eltern und bald auch mit Sharon - bei der Betreuung seiner Tochter unterstützt.

All dieses Geschehen wird aus ihrer eigenen Perspektive erzählt. Me Susane begegnet allem mit einem gewissen Abstand, am meisten aber sich selbst. Wenn sie auf die Welt, auf das Geschehen um sich blickt, bezeichnet sie sich stets als Me Susane, nennt niemals ihren Vornamen.

Dadurch stehe auch ich als Leserin in einer gewissen Distanz zu ihr, zum gesamten Geschehen, welches zudem meist nur angerissen wird. Dies ist ein sprachgewaltiger Roman: die Autorin Marie N'Diaye vermag es, mit Sprache zu manipulieren, diese in den Dienst der Handlung zu stellen.

Dagegen erscheint die Handlung deutlich weniger detailliert ausarbeitet zu sein: der Roman enthält eine ganze Reihe von Handlungssträngen, die nur angerissen werden, auf die im Folgenden nicht mehr oder nur sehr verknappt eingegangen wird. Es ist - konzentriert man sich auf die Handlung - quasi eine Zusammenstellung verschiedener Handlungsverläufe, die ineinangergreifen wie ein Puzzle, wobei aber das entscheidende Steinchen, das alles verbindet, verschwunden ist.

Ein Roman für Leser, die das Spiel mit der Sprache genießen, aber nicht alles im Detail erfahren müssen.

Ein Roman für Leser, die das Spiel mit der Sprache genießen, aber nicht alles im Detail erfahren müssen.