Rezension

Die Welt wirft ihre Schatten

Schatten der Welt - Andreas Izquierdo

Schatten der Welt
von Andreas Izquierdo

Bewertet mit 5 Sternen

Spannend, bewegend und vor allem authentisch. Sprachlich und bildlich ein Meisterwerk. Schlichtweg begeistert.

Thorn in Westpreußen  im Jahr 1910. Der halleyschen Komet kündigt sich an, ein neues Geschäftsmodell für Artur und seinen besten Freund Carl.  Und da die junge Isi ebenso pfiffig ist wie sie werden die 3 Freunde, gerne fürs Leben, und bestreiten ihren Alltag gemeinsam. Doch nichts ist wie es scheint und ihre Erfolge und Freundschaft erfährt eine Zerreissprobe als der Erste Weltkrieg ausbricht und die Freunde sich trennen müssen…werden sie sich je wiedersehen? Und wenn ja, wird alles noch so sein wie früher?

„Aber nicht so, wie die, die ihn in ihrer grenzenlosen Überheblichkeit verursacht hatten, es so blumig voraussagten: nicht mit Schwertern oder Rössern, sonder n mit Maschinengewehren, Granaten, Panzern und Gas. Was der Komet vor vier Jahren nicht geschafft hatte, gelang der Welt nun selbst: Sie explodierte in einer nicht geahnten Supernova in siebzehn Millionen Stücke.“ (Seite 274)

Ein Roman welches mit dem Ereignis des halleyschen Kometen beginnt und im Ersten Weltkrieg endet. Man mag sich fragen wie das funktionieren soll, in einem Buch, der Autor hat hier aber einen mehr als gelungenen Bogen gespannt. Die Kapitel sind nicht zu kurz oder lang, sie bauen einen Spannungsbogen auf, durch Wendungen, Möglichkeiten und kleinen „Spoilern“ vom Ende manches Kapitels fällt es sehr schwer dieses Buch überhaupt noch aus der Hand zu legen.

Thorn 1910. Carl ist Jude, lebt mit seinem Vater von der Schneiderei, mehr schlecht als recht. Durch das erste Fotogeschäft in Thron wird die neue Leidenschaft von Carl  entfacht  die er unbedingt ausüben möchte, ja, ausüben muss!

Artur ist ein Schlitzohr, womöglich traut man ihm diese Intelligenz nicht zu, aber Artur geht seinen Weg, mit Humor, mit Geschäftssinn und doch immer auch mit Herz. Ihn habe ich, auf Grund seiner Art, sofort in mein Herz geschlossen, alleine sein Humor.

Mit Isi kommt der weibliche Part in die Freundschaft, man mag fast sagen – die Dynamik. Isi war mir zu Beginn etwas zu keck und ich wusste nicht ob ich mich mit ihr anfreunden kann. Jedoch zeigt der Autor sehr gekonnt auf was es damals hieß als junge Frau in einer Familie zu leben, welche Erwartungen und vor allem Stillschweigen von einer jungen Dame erwartet wurde.

Diese 3 Freunde halten zusammen und gehen durch dick und dünn bis ja, bis der Erste Weltkrieg ausbricht. Dann trennen sich ihre Wege, Artur und Carl müssen in den Krieg ziehen, Isi bleibt in Thron zurück wo auch hier die Auswirkungen des Krieges seine Spuren zeigen wird.

Man ist mit diesen 3 Protagonisten sehr verbunden, kennt ihre Träume, Wünsche und Hoffnungen, die sie behalten als der Erste Weltkrieg ausbricht. Bis dahin hat man mit den 3 schon einiges erlebt, Schönes wie auch Schreckliches. Da sie zum „einfachen“ Volk gehören wird hier sehr deutlich gemacht wie dieses, zur damaligen Zeit, auch behandelt wurde.

Überhaupt trifft der Autor ein sehr gekonntes Bild über diese Zeit, in der Großgrundbesitzer, Militär und Politik viel zu viel zu sagen hatten, die die Geschäfte von Thron und Umgebung lenkten. Der einfache „Pöppel“ war für harte Arbeit gut, aber nicht für das Denken und einen Aufstand. Von  den Frauen ganz zu schweigen!

Oft wird man mit Begebenheiten konfrontiert die einen wütend werden lassen, fassungslos und schockiert. Ich habe selten ein Buch gelesen welches mit in ein solches vielfältiges Glas mit Gefühlfacetten geworfen hat.

Und immer diese kleine Hoffnung dass alle 3 sich wiedersehen und gemeinsam ihre Freundschaft fortführen können. Die Zustände des Krieges, was er mit diesen jungen, ja, naiven Burschen macht, dass hier Menschen ein Kommando halten die eigentlich so gar keine Ahnung haben, die Menschen eben als „Bombenfutter“ sehen, Hauptsache das nächste Fleckchen wird eingenommen… wie oft spielen die Falschen in der oberen Liga mit und fällen Entscheidungen die verheerend sind, auch für unsere Freunde.

Die Veränderungen der 3 waren immer wieder neu, anders und so spinnt sich eine neue Geschichte über jeden Charakter.  Man heisst sie gut, ebenso wie man den Kopf darüber schüttelt. Und jede Entscheidung hat ihre Konsequenz die so oder so ausgehen kann. Das Ende des Buches lässt noch auf was Neues hoffen und ich fiebere dieser  Hoffnung sehr entgegen.

Ein neuer Roman von Andreas Izquierdo und ich kann diesen Autor, der wirklich einen unglaublichen Schreibstil an den Tag legt und somit seine Leser packt, nur ans Herz legen. Und dieses Buch ganz besonders.