Rezension

Die Wendungen des Schicksals

Gut Greifenau - Goldsturm - Hanna Caspian

Gut Greifenau - Goldsturm
von Hanna Caspian

Die Wendungen des Schicksals

Im vierten Band der Buchreihe um das Pommersche Gut Greifenau stehen im Jahre 1919 politische und wirtschaftliche Probleme im Mittelpunkt des Geschehens. Durch die Entstehung der ersten deutschen Republik werden die Vorrechte des Adels nach und nach aufgelöst, eine Tatsache, mit der die arrogante und selbstherrliche Gräfin Feodora von Auwitz-Aarhayn sich weder arrangieren kann, noch möchte. Im Streit um die Auflösung des Familienfideikommisses entzweien sich Konstantin, Nikolaus und Alexander von Auwitz-Aarhayn. Konstantin obliegt es als Erbe und neuer Gutsherr von Gut Greifenau, die drohende Insolvenz abzuwenden und den Schuldenberg, den sein verstorbener Vater hinterlassen hat, abzutragen. Das ganze Land stürzt ins Chaos, ein wirtschaftliches Inferno bricht über die Menschen herein und die Geldentwertung führt zu Hunger, Elend, bitterster Armut und millionenfachem Elend. Hannah Caspian entführt ihre Leser nach Pommern, wo sie gespannt das Schicksal der Adelsfamilie von Auwitz-Aarhayn sowie deren Bediensteten mitverfolgen dürfen.

Der einnehmende Schreibstil der Autorin und der starke Fokus auf die Geschicke der einzelnen handelnden Figuren gestalteten diesen Roman für mich zu einem wahren Pageturner. Liebevoll gezeichnete Charaktere und tiefe Emotionen zogen mich rasch in den Bann. Nikolaus von Auwitz-Aarhayn und seine Ehefrau Rebecca fungieren als Protagonisten dieses vierten Bandes, sie müssen sich als neue Gutsherren auf Greifenau bewähren. Konstantins Bruder Nikolaus engagiert sich als Putschist, sein abgrundtiefer Egoismus und seine gnadenlose Rücksichtslosigkeit sorgen für Aufruhr und schlimme persönliche Tragödien. Während der selbstherrliche und unverschämte junge Adelige Unfrieden stiftet, entzieht sich sein Bruder Alexander durch ein Musikstudium dem Einfluss seiner Familie. Doch auch in seinem Privatleben gibt es ein brisantes Geheimnis, das um keinen Preis an die Öffentlichkeit gelangen darf. Anastasia von Auwitz-Aarhayn, verheiratete Gräfin von Sawatzki, spielt eine relativ kleine Nebenrolle im Buch. Ihrer Schwester Katharina jedoch wird sehr große Aufmerksamkeit zuteil. Konstantins kleine Schwester „Katja“, wie dieser sie liebevoll nennt, scheint mit dem Bürgerlichen Julius Urban das große Los gezogen zu haben. Sie lebt im Luxus, wird von ihrem Ehemann vergöttert, und nach Strich und Faden verwöhnt. Doch ihre Leidenschaft für die Medizin und ihren großen Traum, Kinderärztin zu werden, konnte sie bis dato nicht umsetzen. Gräfin Feodora von Auwitz-Aarhayn, die Witwe und ehemalige Gutsherrin von Greifenau, wird ihrer Rolle als Antagonistin dieses Buches mehr als gerecht. Ich lernte im Verlauf der Seiten, ihre Niedertracht, ihre gehässige und herablassende Art und die permanenten Demütigungen, mit denen sie ihre Kinder überschüttet, zutiefst zu verabscheuen. Zu meiner Freude schenkte die Autorin jedoch den Bediensteten des Gutshofes sehr große Aufmerksamkeit. Die Geschicke von Albert und Ida Sonntag, Mamsell Ottilie Schott, Eugen Lignau, Wiebke Plümecke, Kilian Hübner, Bertha Polzin und natürlich allen voran des obersten Hausdieners und Butlers Theodor Caspers waren eng mit jenen ihrer adeligen Arbeitgeber verwoben. Einige Figuren aus den Vorgängerbüchern wie beispielsweise Pastor Wittekind oder die Hindemith-Schwestern erhielten ebenfalls kleine Nebenrollen.

Ich fühlte mich durch diese imposante Familiengeschichte nicht nur hervorragend unterhalten, mir wurde nebenbei auch die Situation in der ersten Weimarer Republik eindringlich vor Augen geführt. Anhand dieses Buches erhielt ich nicht nur Einblick in die drastischen Veränderungen für den Adel, ich erlebte auch hautnah das Elend und die Not der armen Bevölkerungsschichten mit.

„Goldsturm“ war ein sehr eindrucksvolles Buch, das mir ausgezeichnet gefallen hat. Begeisterte fünf Sterne und eine klare Leseempfehlung!