Rezension

Die wohl schönste Hommage auf den Beruf des Buchhändlers

Das Haus der vergessenen Bücher - Christopher Morley

Das Haus der vergessenen Bücher
von Christopher Morley

Hier spukt der Geist der großen Literatur. Wir verkaufen keine Fälschungen und keinen Schund. Bücherfreunde sind willkommen. Wir haben, was sie wollen. Auch wenn Sie nicht wissen, was sie wollen. Geistige Unterernährung ist ein ernstes Leiden. Wir haben die richtige Medizin für Sie (S. 8)

Inhalt

1919 – New York: Roger Mifflin ist Besitzer der Buchhandlung "Parnassus" und ein leidenschaftlicher Buchliebhaber. Der Werbefachmann Aubrey Gilbert schlägt ihm vor, Werbung für seinen Laden zu machen. Doch Mifflin hält nichts davon. Stattdessen versucht er Aubrey zu vermitteln, dass gute Bücher und eine Buchhandlung dadurch überzeugen müssen, dass man in dieser stundenlang schmökern und neue Erkenntnisse gewinnen kann. Und "Parnassus" ist genau das. Eine Buchhandlung mit Stammkunden, die die Gespräche mit Roger Mifflin zu schätzen wissen.

Eines Tages kommt es jedoch zu einem seltsamen Vorfall, da ein Exemplar von Thomas Carlyles "Oliver Cromwell" verschwindet, nur um am nächsten Tag wieder an Ort und Stelle zu stehen. Der Fall wird noch merkwürdiger, als der Koch des Octagon-Hotels eine Suchanzeige nach dem Buch annonciert und Aubrey Gilbert nach einem seiner Besuche in der Buchhandlung nachts auf der Straße überfallen wird. In all diese Vorgänge scheint auch der benachbarte Apotheker verwickelt zu sein, den Aubrey im Hinterhof der Buchhandlung beobachtet hat. Aubrey stellt Nachforschungen an. Nicht zuletzt auch, weil er sich in Mifflins hübsche Assistentin Titania verliebt hat.

Meine Meinung

Ja, ich gebe es zu. Ich bin verliebt. Verliebt in das Buch und seine Protagonisten. Es ist aber auch sehr schwer dem ganz besonderen Charme nicht zu erliegen, der "Das Haus der vergessenen Bücher" von dem ersten Satz an zu einem literarischen Schatz macht.

Christopher Morley schrieb seinen Roman 1919 als Fortsetzung für "Parnassus on Wheels" aus dem Jahre 1917. Das Ende und die Folgen des Ersten Weltkriegs werden so wie auch die Bedeutung von Büchern in anschaulicher Weise thematisiert:

Druckerschwärze und Schießpulver liefern sich seit Jahren einen Wettkampf. Die Druckerschwärze ist in gewisser Weise im Nachteil, denn mit Schießpulver kann man einen Menschen in einer halben Sekunde in die Luft jagen, während man mit einem Buch manchmal zwanzig Jahre dafür braucht (S. 116)

Überhaupt legt der Autor seinem liebenswürdigen Protagonisten Roger Mifflin so manchen zitierfähigen Satz in den Mund, der das Herz eines Bibliophilen höher schlagen lässt. Kleine Kostprobe gefällig?

Ein Buch ist nur dann "gut", wenn es menschlichen Hunger stillt oder einen menschlichen Irrtum widerlegt (S. 13)

oder

Das Leben in einer Buchhandlung ist wie das Leben in einem Munitionslager. Diese Regale sind angefüllt mit dem gefährlichsten Sprengstoff der Welt - dem menschlichen Geist (S. 21)

Doch nicht nur die Zitate machen das Buch besonders. Nein – es sind vor allem die zauberhaften Protagonisten. Allen voran Roger Mifflin, der seinen durch Tabakrauch geschwängerten Buchladen mit einer solchen Leidenschaft führt und ach so gerne über Bücher, die Buchbranche und überhaupt das geschriebene Wort philosophiert, dass ich ihm stundenlang hätte zuhören können. Seine resolute Frau Helen bringt ihn oft auf den Boden der Tatsachen zurück und ist ebenso liebevoll skizziert wie ihr Ehemann. Als Nebendarstellerin bringt der Autor Titania Chapman ins Spiel, die eine Ausbildung in dem Buchladen absolviert und keinen besseren Lehrmeister als Roger Mifflin haben könnte. Und zu guter Letzt haben wir noch den jungen Werbefachmann Aubrey, der zunächst nur sporadisch in der Geschichte auftaucht, dann aber immer wichtiger für Roger und seine Buchhandlung wird.

"Das Haus der vergessenen Bücher" ist jedoch nicht nur ein Buch über Bücher. Es verbindet gekonnt eine wunderbar erzählte Geschichte mit einer guten Portion Humor und zum Teil sogar Krimi-ähnlicher Handlung. Ich habe es in nur zwei Tagen ausgelesen und weiß, dass ich es wieder lesen werde. Denn ich bin mir sicher, dass ich trotz aller Begeisterung, auch noch andere Passagen finde, die mein Buchherz höher schlagen lassen, mich zum Schmunzeln bringen oder nachdenklich stimmen werden.

Fazit

Christopher Morley hat mit Roger Mifflin, einem Bibliomanen, der die bezauberndste Buchhandlung der Welt in Brooklyn betreibt, eine unvergessliche Figur geschaffen und die wohl schönste Hommage auf den Beruf des Buchhändlers geschrieben.