Rezension

Die Würde des Menschen...

Die Nickel Boys
von Colson Whitehead

Dies ist ein fiktiver Roman, der auf wahren Tatsachen beruht. Diese beziehen sich auf die Besserungs- und Verwahranstalt Florida School for Boys, welche von 1900 bis 2010 existierte.

Elwood ist ein ernsthafter, fleißiger, ehrlicher, kluger 16 jähriger Junge, der vom College träumt und bei seiner Großmutter lebt. Er ist jedoch schwarz und vieles ist gar nicht so einfach für ihn. Die Jim-Crow-Gesetze wurden noch nicht lange aufgehoben und die schwarze Protest- und Bürgerrechtsbewegung erstarkt so langsam. Großes Vorbild für Elwood und stets handlungweisend ist Martin Luther King.
Durch einen dummen Zufall landet Elwood in der Nickel Academy, einer Besserungsanstalt für Kinder und Jugendliche. Weiße und Schwarze werden streng getrennt voneinander untergebracht.
Elwood knüpft einige Freundschaften und hofft mit Hilfe seiner Großmutter und eines Anwalts so schnell wie möglich da wieder heraus zu kommen.
Das Regime ist hart. Es gibt heftige körperliche Gewalt, die bis zum Tode einiger Kinder führt.

Der Roman besteht aus drei Teilen. Elwood vor Nickel, Elwood in Nickel und Elwood nach Nickel.
Der Schreibstil ist detailliert und etwas nüchtern, gleich einem Bericht. Nicht hochspannend, aber fesselnd und mitnehmend.
Die Personen werden eher distanziert geschildert, zur Identifikation jedoch völlig ausreichend. Ich hoffte stets für Elwood und fiel doch immer wieder mit ihm. Die Geschehnisse berührten mich sehr, schockierten und empörten.
Die Übersetzung, ich glaube es liegt an der Übersetzung, mißfiel mir allerdings. Hier kamen immer mal wieder Wörter vor, die mich stolpern ließen und irgendwie nicht passten.

Ganz klar steht das gewaltige Unrecht der Rassentrennung und -diskriminierung im Fokus ebenso wie die Existenz solcher Besserungsanstalten. Nebenbei erhält man so einiges Hintergrundwissen über die damalige Zeit aus schwarzer Perspektive und spürt das Lebensgefühl.

Darüber hinaus werden Fragen nach dem richtigen Verhalten, nach Zivilcourage, nach dem Eintreten für Gerechtigkeit aufgeworfen. Wie kann man seinem Idealismus treu bleiben, wenn es um das nackte Überleben geht? Wie kann man in einem System überleben, in dem man im vorhinein schon schuldig ist? Was kann denn der Mensch ertragen? Wie hoch ist seine Leidensfähigkeit?
Hier wird sehr eindrücklich die menschliche Natur betrachtet und das nicht aus einem besonders rosigen Blickwinkel. Eine bittere und harte Realität wird schonungslos gezeigt, eigentlich unfassbar und unvorstellbar...