Rezension

„Dies ist mein Buch und ich schreibe es eigenhändig.“

Die Farbe von Milch
von Nell Leyshon

Unglaublich beeindruckend und fesselnd wird in „Die Farbe von Milch“ die Geschichte der 15-jährigen Mary erzählt - und zwar von ihr selbst. Marys Leben besteht aus harter Arbeit auf dem Bauernhof ihrer Eltern. Sie ist ungebildet, aber ihr Verstand und ihre schonungslose Ehrlichkeit haben ihr schon oft Ärger eingehandelt. Eines Tages soll sie im Haushalt des örtlichen Pfarrers arbeiten und seine kranke Ehefrau pflegen. Sie wird von einer Welt in eine völlig andere geworfen. Das erste Mal erlebt Mary hier die Klassenunterschiede am eigenen Leib, doch gleichzeitig eröffnen sich ihr völlig neue Möglichkeiten - aber nicht nur das. Mary lernt zu lesen und zu schreiben, um ihre Geschichte für die Nachwelt festzuhalten.

Es ist faszinierend, wie eine so kurze Geschichte mit so einfacher, aufs Minimum reduzierter Sprache, so ausdrucksstark und eindringlich sein kann. Allen voran dafür verantwortlich ist natürlich die Protagonistin - das Bauernmädchen Mary - eine schier unvergesslichen Erzählerin, die ihre erschütternde Geschichte so leise, kämpferisch und poetisch erzählt, dass sie einen verfolgt, selbst wenn man das Buch schon vor einer Weile beendet hat. Aber als LeserIn merkt man auch, wie klein Marys Welt und wie eng die für sie vorgesehene Rolle ist. Die gesamte Geschichte wird von einer be- und erdrückenden Atmosphäre begleitet und umso mehr bewundert man Marys stoische, ruhige und doch zielstrebige Art, und den hohen Preis, den sie für das bezahlt, was ihr wichtig ist.