Rezension

Diese Reise zum Meer konnte mich leider nicht überzeugen

Offene See
von Benjamin Myers

Bewertet mit 3 Sternen

Roberts ganze Familie sind Bergarbeitet und auch ihm steht dieser Berufsweg bevor. Doch eigentlich liebt er die Natur und so macht er sich auf zu einer Reise um einmal das Meer zu sehen, bevor er in den Berg hinabsteigen muss. Auf dieser Reise lernt er die ältere Dulcie kennen und bleibt für ein paar Tage bei ihr um ihr mit dem Garten etc. zu helfen.

Ich hatte mich wirklich sehr auf dieses Buch gefreut, da alle so von der berührenden Geschichte und der poetischen Sprache schwärmten. Und ja, die Sprache ist wirklich schön und auch poetisch, v.a. wenn es um Naturbeschreibungen o.ä. geht. Auch die Gedichte, die zwischendurch eingestreut sind fand ich schön geschrieben. Leider fand ich jedoch, dass die Sprache nicht immer zu der Rahmenhandlung gepasst hat. Das Buch spielt kurz nach dem 2. Weltkrieg und ich kann mir nur schwer vorstellen, dass manche Ausdrücke damals so verwendet wurden, auch wenn sich die Handlung in England abspielt und nicht in Deutschland.

Das führt auch gleich zu meinem nächsten Problem, den Figuren. Robert ist 16 Jahre alt und hat bisher nicht viel von der Welt gesehen und durch den Krieg kennt er z.B. auch keine 'exotische' Nahrung o.ä. So wie er geschildert wird, wirkt er manchmal auf mich wie ein naiver kleiner Junge was nicht so recht zu seinen 16 Jahren passt für mich. Dann hat er manchmal aber auch sehr philosophische Gedankengänge, die ihn wie einen alten, vom Leben gezeichneten Mann erscheinen lassen, auch das steht für mich im Widerspruch zu seinem Alter. Dulcie ist eine sehr rebellische und abenteuerlustige Person. Sie ist lesbisch, hat schon gefühlt jeden berühmten Schriftsteller, Sänger, Komponist und Künstler dieser Jahre kennen gelernt und hat zahlreiche Kontakte, die ihr ein gutes Leben und den Zugang zu seltenen Dingen ermöglichen. Auch hat sie schon die ganze Welt gesehen und erzählt Robert von ihren Erlebnissen. Dabei verhält sie sich allerdings oftmals sehr belehrend und sie hatte für mich etwas von einem Erzähler aus einem literarischen Sachbuch für Jugendliche. Die Intention dabei ist zwar gut, sie möchte Robert zu eigenem Denken animieren und ihn dazu bringen, sich für sich selbst einzusetzen und seinen Weg zu gehen auch wenn er von dem seiner Eltern abweicht. Dennoch war es mir manchmal einfach etwas too much und es hatte etwas von Geshcichten wie "Der kleine Prinz" nur in lang und umständlich.

Die Handlung ans ich könnte wirklich berührend sein, doch Robert und Dulcie konnten mir das irgendwie nicht vermitteln. Ihre Geschichte war ganz nett zu lesen, bot aber keine Überraschungen und auch die Charaktere fand ich etwas oberflächlich und unnahbar. Ihr Schicksal war mir am Ende nicht wichtig genug. Am Ende hat die schöne Sprache leider nicht gereicht, um mich über die nur wenig authentischen Figuren hinwegzutrösten.