Rezension

Dieses Buch ging mir richtig ans Herz

Zeit des Mutes - Christiane Lind

Zeit des Mutes
von Christiane Lind

Bewertet mit 5 Sternen

Meine Meinung:

Vor meiner Bloggerzeit habe ich fast ausschließlich historische Romane gelesen, die irgendwann aber von Fantasy verdrängt wurden. Irgendwie finde ich das selbst schade, da ich immer noch sehr gerne historische Romane lese, deswegen habe ich auch sehr gerne zu „Die Frauen von Hazelwell Manor“ gegriffen.

Das Buch beginnt 1918. Man lernt Emma kennen, die gemeinsam mit ihren Freundinnen in Berlin darauf wartet, dass die Entscheidung für oder gegen das Frauenwahlrecht fällt. Alle sind ganz aufgeregt und diese Stimmung hat sich sofort auf mich übertragen. Dann bekommt Emma Briefe aus England. Aber bevor man erfährt, wer ihr schreibt, springt man ins Jahr 1913.

Dort liest man von einem Skandal um Emma, wird aber vorerst noch im Dunklen gelassen, was es damit wirklich auf sich hat. Natürlich kann man sich denken, in welche Richtung es geht, aber was am Ende dann herauskommt, damit hat mich die Autorin doch wirklich überrascht. Allerdings muss man lange auf die endgültige Auflösung warten, was ich jedoch nicht schlimm fand. Es hat höchstens die Spannung gesteigert.

Eigentlich hatte ich ja damit gerechnet, das Buch nur aus Emmas Sicht zu lesen, doch irgendwann kommt dann Lucys Perspektive dazu, was ich wirklich toll fand. Das Leben der beiden Frauen ist sehr unterschiedlich und doch haben sie eines gemeinsam: Sie leiden darunter, dass sie so wenige Rechte haben. Zwar könnte man meinen, Emma hätte es durch ihr privilegiertes Leben leichter, doch je mehr man von ihr liest, desto deutlicher wird, dass auch sie alles andere als frei ist.

Obwohl vor allem in der ersten Hälfte des Buches nicht wirklich viel passiert und die Sufragetten noch überhaupt kein Thema sind, war das Buch mit keiner Seite langweilig. Im Gegenteil, ich fand es sehr interessant, die beiden Frauen in ihren gegensätzlichen Leben zu begleiten, ihren Alltag kennenzulernen und ihre Gedanken und Gefühle hautnah mitzuerleben.

Als die beiden Protagonistinnen schließlich in London landen, nimmt die Geschichte noch ordentlich an Fahrt auf und man gerät mitten in die Kämpfe um das Frauenwahlrecht. Für mich war es irgendwo unvorstellbar, was diese Frauen erdulden mussten, mit welchen Mitteln sie kämpften, um etwas zu erreichen, das für uns selbstverständlich ist. Ich bewunderte diese Frauen, verstand aber auch das Zögern von Emma. Ständig habe ich mich gefragt, was ich wohl an deren Stelle getan hätte. Wäre ich mit auf die Straße gegangen und hätte ich zu solch radikalen Mitteln gegriffen oder hätte ich mich still in mein Leben gefügt und das Beste aus dem gemacht, was ich habe? Ich fand es jedenfalls toll, dass die Autorin Christiane Lind beide Seiten beleuchtet hat, dass eine der Protagonistinnen Zweifel hatte, dass sie nicht sofort alles weggeworfen und sich in den Kampf gestürzt hat, dass sie nicht wusste, was sie tun soll. Diese Bedenken fand ich nämlich wirklich authentisch und nachvollziehbar und haben mir deshalb sehr gut gefallen.

Überhaupt gelang es der Autorin wunderbar, mich in ihre Geschichte hineinzuziehen. Tatsächlich gab es sogar Szenen, die mich zu Tränen gerührt haben und das passiert mir wirklich nur, wenn ich tief in die Geschichte eintauche und mich die Protagonisten berühren. Dabei kann ich gar nicht sagen, welche Perspektive ich lieber gelesen habe: Die von Emma oder die von Lucy, denn beide haben ihre Besonderheit, jede auf ihre Weise.

So fiel mir beim Lesen gar nicht auf, wie schnell die Seiten vorflogen, was vielleicht zusätzlich am flüssigen Schreibstil lag. Dieser ist zwar der Zeit angepasst, in der das Buch spielt, das macht dieses jedoch nur authentischer und hat trotzdem meinen Lesefluss nie negativ beeinträchtigt. Ich finde das ist eine ziemliche Leistung, da man bei historischen Romanen doch öfter mal über unbekannte Begriffe stolpern kann. Bei den Frauen von Hazelwell Manor war das jedoch nie der Fall, so dass ich dieses Buch einfach nur genießen konnte.

Fazit:

„Die Frauen von Hazelwell Manor“ von Christiane Lind hat mir wieder einmal vor Augen geführt, warum ich historische Romane so gerne lese: Die Protagonistinnen waren jede auf ihre Weise besonders und ich liebte es, sie in ihren gegensätzlichen Leben zu begleiten und zu erleben, wie sich durch ihr gemeinsames Schicksal schließlich ihre Wege kreuzen. Die Story selbst über das Frauenwahlrecht war sehr spannend und regte mich durch das Thema zum Überlegen an, wie ich an der Stelle der Frauen gehandelt hätte. Für uns ist das alles schon selbstverständlich und niemand verschwendet mehr einen Gedanken an die mutigen Frauen, die dieses Recht für uns erstritten haben. Christiane Lind bringt diesen mit ihrem Buch jedoch eine gewisse Wertschätzung entgegen, was ich sehr schön finde. Mir ging diese Geschichte jedenfalls richtig ans Herz und ich wünsche mir, dass sie noch von ganz vielen Lesern entdeckt wird.

Von mir bekommt das Buch 5 Punkte von 5.