Rezension

Dieses Werk überzeugt selbst unter äußerst kritischem Blickpunkten

Die Physiker - Friedrich Dürrenmatt

Die Physiker
von Friedrich Dürrenmatt

Bewertet mit 5 Sternen

Auf jeden Fall ist "Die Physiker" ein extrem kurzweiliges Buch, durchgelesen in einer Stunde. Doch im krassen Kontrast zu der Oberfläche steht sein tieferer Sinn. Schon unbewußt kann man ungeheuer viele Aspekte und inhaltliche Wendungen interpretieren. Und dieses ständige Wechselspiel, das den Leser versucht in die Irre zu führen, das ist es, was dieses Buch so unglaublich spannend macht. Man meint die Charaktere zu durchschauen, aber schon im nächsten Moment erschlägt Dürrenmatt den Leser mit einer neuen Offenbarung. Dieses chaotische Durcheinander der Rollen, Gefühle und Charaktere wurde einfach hervorragend inszeniert und von guter Hand geplant. So ist "Die Physiker" ein echtes Verwirrspiel um die Frage: Wer ist hier wer, und vor allem: Wer ist hier überhaupt der Irre?

Gleichzeitig übt Dürrenmatt aber auch mit dem Charakter des Möbius herbe Kritik an den Wissenschaftlern der 30-40 Jahre, die ihre gesamten Fähigkeiten in die Vernichtung von Menschenleben investierten. Auch die verschiedenen Kriegsparteien, wie sie von Newton und Einstein symbolisiert werden, sind nicht verschont und in hämischer Weise zieht Dürrenmatt über ihre Bemühungen her, die klugsten Köpfe auf die eigene Seite zu holen. So wird der Sinn des Krieges am Besten durch das Geschehen in einer Irrenanstalt symbolisiert, wobei selbst da die Irren im Nachhinein die Gesunden sind, die kriegsführenden Leute draußen in der Welt, das sind die eigentlichen Irren.