Rezension

Dirty Cop – Von Respekt bis Verachtung – Spannende Cop-Story über Korruption

Corruption
von Don Winslow

Bewertet mit 4 Sternen

New York, North Manhattan: Denny Malone ist einer von 38.000 New Yorker Polizisten. Er ist Elite-Cop, ein Alphatier und gehört zur Special-Task Force, der nur die Besten, die Schnellsten und die Brutalsten angehören. Sie fegen als unverwüstliche Einheit, wie ein Sturmwind durch die Straßen. Zwischen Glitzertürmen mit ihren Condos und alten verkommenen Wohnsilos mit ihren sozialen Problemen, treffen dort zwei Welten und Kulturen aufeinander. Die Task Force, allen voran Denny Malone, bekämpfen in erster Linie Waffen- und Drogengeschäfte nach dem Grundsatz:

Waffen töten und Drogen heizen das Töten an.

Sie handeln nach eigenen Spielregeln und haben ihren Bezirk und das organisierte Verbrechen im Griff, während sich die staatlichen Stellen für das „Wie“ nicht interessieren. Justitia hat sich längst die Augen verbunden, weil sie das Unrecht nicht mitansehen kann. Ja, sie sind Dirty Cops, aber ohne sie würde die Stadt längst brennen. Die Ranghohen entwickeln ihre Karrieren mit Hilde der Erfolge der Task Force, während sie tolerieren, dass die Mächtigen ihre Häuser auf einem Haufen weißen Pulvers errichten.

Dann, Heilig Abend, geht Marlone einen unüberlegten Schritt zu weit und setzt damit sein Leben und das seiner engsten Vertrauten und Freunde aufs Spiel. In einem langen Prozess wird er der Korruption überführt. Das FBI will einen Deal, auf den sich Malone letztendlich aus wichtigen Gründen einlassen muss und dann brennt New York.

Der Autor:

Don Winslow wurde 1953 in der Nacht zu Halloween in New York geboren. Seine Mutter, eine Bibliothekarin, und sein Vater, ehemaliger Offizier bei der Navy, bestärkten ihn schon früh in dem Wunsch, eines Tages Schriftsteller zu werden, vor allem die Geschichten, die sein Vater von der Marine zu erzählen hatte, beflügelten die Fantasie des Autors.

Das Sujet des Drogenhandels und der Mafia, das in vielen von Don Winslows Romanen eine Rolle spielt, lässt sich ebenso mit seinen Kindheitserfahrungen erklären: Seine Großmutter arbeitete Ende der 60er für den berüchtigten Mafiaboss Carlos Marcello, der den späteren Autor mehrere Male in sein Haus einlud.

Jeden Morgen um fünf setzt er sich an den Schreibtisch. Mittags läuft er sieben Meilen, in Gedanken immer noch bei seinen Figuren, um dann am Nachmittag weiterzuarbeiten. Winslow sagt von sich, dass er bislang nur fünf Tage durchgehalten habe, ohne zu schreiben. Es ist eine Sucht, die bis heute ein Werk hervorgebracht hat, dessen Qualität, Vielseitigkeit und Spannung Don Winslow zu einem der ganz Großen der zeitgenössischen Spannungsliteratur machen.

Don Winslow wurde vielfach ausgezeichnet, u.a. mit dem Deutschen Krimi Preis (International) 2011 für "Tage der Toten". Für die New York Times zählt Don Winslow zu den ganz großen amerikanischen Krimi-Autoren.

Don Winslow lebt mit seiner Frau und deren Sohn in Kalifornien. (Quelle: Droemer)

Reflektionen:

Der Einstieg in das Kriminal-Epos (weitläufige, ausschweifende Erzählung) gelingt nicht spielend, denn Don Winslow holt weit aus, verliert sich sogar und lässt die Schrauben des Plots stagnieren. Seite um Seite ist das Lesen anstrengend bis ermüdend.

Im Nachhinein betrachtet, werte ich die ersten 200 Seiten als eine gestalterische Inszenierung der Atmosphäre und Spannung, doch das hätte Winslow besser gekonnt. Mit Zunahme der Seitenzahl, etwa ab Mitte des Thrillers, intensiviert sich die Atmosphäre und die Spannung, bis sie auf den letzten Seiten auf einem hohen Level explodieren. Das Durchhalten hat sich gelohnt, obwohl es mich auch ärgert, überhaupt Anstrengung beim Lesen empfinden zu müssen.

"Don Winslows "Corruption" ist faszinierend, ein echter Wurf. Stellen Sie sich "Der Pate" vor, aber mit Cops. So gut ist es." (Zitat: Stephen King)

Steven Kings Zitat passt, aber eben erst ab Mitte der Story.

Police Detective Denny Malone ist ein Alphatier, ein Hero Cop und er ist korrupt. Er beherrscht die Straße, die Kollegen der Task Force, seine Vorgesetzten, aber sein Privatleben nicht. Malone ist kein Sympathieträger, dafür ist er zu gewalttätig, zu bestimmend und zu dreist. Er schmiert Richter und Anwälte, er provoziert und er manipuliert, wenn auch mit dem Ziel Gerechtigkeit einzufordern, wo staatliche Stellen versagen.

Winslow schreibt aus Malones Sicht und entwickelt die Handlung, in dem er Malones Entwicklung zur Korruption szenenabhängig darstellt. So knallhart, brutal und unnachgiebig er und seine Task Force-Kollegen auch vorgehen, sie fordern keine Gefälligkeitszahlungen ein, doch sie nehmen sich alles, was sich ihnen bietet. Sie halten einen Fond, versorgen damit anteilig versehrte Cops und ihre Familien, unterstützen auch sozial Schwache und horten Gelder für die Colleges ihrer Kinder und die Zeit nach ihrer Pensionierung.

„Ich übe recht auf der Straße, wenn ich einen Typ der ein Kind belästigt, eins auf die Glocke gebe, ich übe Recht im Zeugenstand, wenn ich gegen einen Heroindealer falsch aussage, weil er sonst nie verurteilt würde, und ja, ich übe auch Recht, wenn ich diesen Arschlöchern ein bisschen Geld abknöpfe, an das ihr niemals rankommen würdet. Er sagt nur: „Es gibt viele Arten von Recht“.

Die Task Force ist eine Familie mit mafiösen Strukturen. Jeder steht hinter jedem, sie sind die Paten ihrer Kinder und sie sind hundertprozentig verlässlich. Dementsprechend dramatisch wird es, als Malone der Korruption überführt wird und gegen seine Kollegen aussagen soll. Malone stürzt in ein moralisch, komplexes Desaster, das Winslow eindringlich und tragisch schildert. Innere Zerrissenheit wütet in Malone und ihm bleiben nicht viele Möglichkeiten, den Schaden abzuwenden, bevor er droht zur Ratte zu werden.

Don Winslow erzählt eine authentische Geschichte über Korruption, die tragisch brisant und aktuell ist. Die Szenen des Romans, in denen das organisierten Verbrechen wütet, sind erschütternd realistisch dargestellt. Drogenkriminalität, Bandenkrieg, Waffenhandel, Menschenraub und der ewige Rassismus zwischen Schwarzen und Weißen beherrschen das Viertel, in dem die Task-Force agiert.

Bis auf den schleppenden Einstig in die Story schreibt Winslow in hohem Tempo. Knallharte, packende und besonders schlagfertige, aber auch asoziale Dialoge reißen mit und entwickeln den Thriller letztendlich doch noch zu einem Pageturner. Zahlreiche Actionszenen, die mit einer enormen Brutalität einhergehen, sind nichts für zart besaitete Leser, aber sie liefern eine knisternde Spannung, die zum Ende hin immer wieder Spannungshöhepunkte durch Wendungen hervorruft. Als Leser fiebert man mit Malone mit, der den hohen Tieren der staatlichen Behörden entgegentritt und sie mit ihren eigenen Waffen zu schlagen versucht.

Fazit und Bewertung:

Corruption ist zunächst eine Geduldsprobe für den Leser. Wer durchhält, wird mit einer hoch spannenden, moralisch komplexen und intensiven Cop-Story belohnt, die in rasantem Tempo eine authentisch inszenierte Geschichte über Korruption erzählt.

©nisnis-buecherliebe