Rezension

Diskreditierung des Weiblichen

Der Report der Magd
von Margaret Atwood

Bewertet mit 5 Sternen

Geschlechterkampf ist schlimm. Gleichberechtigung ist auch problematisch. Gibt es eine Lösung?

Margaret Atwood sagte von ihrem 1985 veröffentlichten Roman The Handmaid’s Tale, „Das Wichtigste, was man über diese Gesellschaft, die in diesem Buch beschrieben wird, wissen sollte, ist, daß nichts neu ist, außer der Zeit, dem Schauplatz und ein paar Details. Die Taten sind alle irgendwann einmal irgendwo begangen worden.“ 

Diese Aussage ist schockierend. Wann hat das angefangen, dieser Hass auf das Weibliche und der Versuch, Frauen auf ihren Körper und ihre Körperfunktionen zu reduzieren und Männer über das gesamte weibliche Geschlecht zu erheben? 

Nicht nur in streng patriarchalischen Sekten, also in religiösen Gruppierungen, sondern besonders auch in „den Geschäften mit Sex und Bodies“ werden Menschen, vornehmlich Frauen, aber nicht nur, in menschenverachtender Weise fast zu Tieren oder zu Robotern degradiert. Menschenhandel, Zwangsprostitution, alles das, ist auch heute noch an der Tagesordnung und sage mir niemand, Prostitution sei ein Beruf wie jeder andere. Kein Kind gibt als Berufswunsch „Prostituierte/r“ an. Wer leben in einer sexisierten Gesellschaft. Selbst der Sport drängt Frauen in eine sexistische Nische. 

Es nimmt nicht wunder, dass eine Gesellschaft dagegen protestiert und dabei in das (scheinbar) andere Extrem verfällt. So wie Gilead, eine körperfeindliche Diktatur, die die Frauen jeglicher Rechte beraubt hat, nicht einmal Besitz dürfen sie haben, nicht lesen, nicht schreiben, keinerlei Beschäftigung nachgehen. Zu ihrem eigenen Besten natürlich. Was in patriarchalischen religiösen Regimen erschwerend dazu kommt, ist, dass gut böse und böse gut genannt wird. Davon handelt der Roman. 

Margaret Atwood schreibt in gewohnt witziger Manier, wie ich es schon von der MaddAddam-Trilogie gewohnt bin, zwar einen relativ emotionslosen, aber dennoch aufwühlenden Roman. Zuviel Religion? Vielleicht. Zu viel Patriarchat? Auf jeden Fall! Man fragt sich heute, woher der Zulauf der Menschen zum Islam kommt, vor allem der weiblichen Konvertiten, die in dieser Religionsgemeinschaft streng reglementiert werden und den Männern in Absolutheit nachgeordnet sind. Andererseits kommt der Kampf der Geschlechter, der viel Leid im menschlichen Beziehungsgeflecht verursacht, zum Ende. Und jede Gemeinschaft, in der die Machtverhältnisse ungleich verteilt sind, ist pervertierbar. 

FAZIT: Der uralte Hass auf das Weibliche ist auch heute nicht überwunden. Nachdenkenswerter Roman, der einen lehrt, die Demokratie gegen jeden Versuch, sie zu unterlaufen, ob von rechts, von links oder aus der Mitte, zu verteidigen. 

Kategorie: Anspruchsvoller Roman  
Verlag: Neuauflage. Piper 2019

Kommentare

Emswashed kommentierte am 04. Oktober 2019 um 10:54

Sexualisierten Gesellschaft - aber ich gebe Dir in allen Punkten recht!

wandagreen kommentierte am 04. Oktober 2019 um 11:01

Ich habs extra so geschrieben, um es möglichst nahe an "sexistisch" zu rücken. (Sprache entwickelt sich ;-).

Emswashed kommentierte am 04. Oktober 2019 um 11:06

Bei diesem Buch, das ja schon in anderer Aufmachung eine Weile auf dem Markt ist, wäre es wirklich toll, wenn alle Rezensionen zusammengeführt würden.

wandagreen kommentierte am 04. Oktober 2019 um 11:13

Wo du recht hast ...!!! Hast du die Fortsetzung schon gelesen?