Rezension

Doch gar nicht so anders

Die tausend Teile meines Herzens
von Colleen Hoover

Bewertet mit 4 Sternen

Normalerweise werden Colleen Hoovers Bücher bei mir innerhalb des Erscheinungsmonats gelesen, weil sie für mich die Queen von YA und NA in den letzten Jahren geworden ist. Doch viele Leserstimmen, die zu „Die Tausend Teile meines Herzens“ reinkamen, sprachen immer davon, wie anders dieser Roman sei. Offenbar hat mich das doch etwas beeinflusst, da nun einige Monate vergangen sind und ich erst jetzt zu ihrem neusten Werk auf dem deutschen Markt gegriffen habe. Das ist die Angst, wenn man Sorge hat, von seiner Lieblingsautorin enttäuscht zu werden. Aber Hoover kann gar nicht enttäuschen und daher war meine Sorge auch vollkommen unbegründet!

Auch nach Beendigung des Buches frage ich mich immer noch ein wenig, warum so viele Leser es als „anders“ empfunden habe. Als anders empfinde ich Bücher bei Autoren immer dann, wenn diese immer dasselbe schreiben und dann mal neue Wege gehen. Aber Hoover ist in meinen Augen keine Autorin, die man in eine Schublade stecken kann. Sie ist vielleicht nicht so wandelbar wie Jennifer L. Armentrout, aber dennoch kann sie überzeugend YA und NA schreiben, immer wieder neue verrückte Ideen entwickeln und lässt dabei nie die Gefühle auf der Strecke. Sicherlich hat sie gewisse Zutaten, die man bei ihr immer findet, aber ansonsten konnte mich jedes Buch von Hoover überraschen und dadurch begeistern.

Ist es nun also anders, weil es sich viel mit Familie beschäftigt und die Liebesgeschichte dadurch nur eine Geschichte von vielen ist? Ich weiß es nicht, ich kann jedenfalls nur sagen, dass ich die Geschichte auf Anhieb als ein Hoover-Werk erkannt habe, alleine schon die Pokalgeschichte ganz am Anfang und dann der verbotene Kuss zwischen Merit und Sagan, da er sie für ihre Zwillingsschwester gehalten hat. Insgesamt hat mich der ganze Ton der Geschichte sehr an „Weil ich Layken liebe“ erinnert. Auch hier geht es um verbotene Gefühle, es geht um Familiendynamiken und man hat jeweils eine Protagonistin, die durchaus an den Nerven zehren kann. Dennoch fand ich Merit komplexer, da es an ihr so viele Seiten zu entdecken gab. Ging sie mir auf den Keks, habe ich im nächsten Moment eine Seite an ihr erlebt, die mir wieder gefallen hat. Ihre Liebesgeschichte mit Sagan ist wirklich süß, echt und anrührend, aber wirklich begeistern konnte mich diesmal der Familienaspekt.

Bei Hoover spielen die Familien meist eine eher untergeordnete Rolle, da die Liebesgeschichte eben so einnehmend ist, aber hier bekommt Merits Familie ganz viel Raum und das finde ich unheimlich spannend, da dieses alternative Familienleben so viele Geschichten bereithält. Zudem lassen sich mit den Charakteren auch viele diverse Themen ansprechen, am meisten überrascht hat mich sicherlich Sagans Geschichte und die interessante Information, dass der Syrienkrieg in den USA ein sehr untergeordnetes Thema ist, während wir uns in Deutschland alleine durch die Flüchtlingskrise schon nicht entziehen konnten. Mir hat es gut gefallen, dass es ständig in der Geschichte gebrodelt hat. So gab es auch viele zwischenzeitliche Höhepunkte, bei denen neue Aspekte aufgedeckt wurden. So wird Lesen zum Erlebnis!

Dennoch ist die volle Wertung bei mir nicht drin, da eben doch nicht alles stimmig war. Einige Begebenheiten innerhalb der Familie waren so extrem gezeichnet, dass sie an manchen Stellen dann zu unglaubwürdig wurden. Zum anderen passte das Tempo der Erzählung nicht immer für mich. Da gab es Enthüllungen, die ich faszinierend fand, die ich weiterverfolgen wollte, aber stattdessen hat Merit, auf deren Perspektive wir angewiesen waren, sich mit anderen Dingen beschäftig, damit ihr dann 50 Seiten später wieder einfällt: „Da war doch was…!“ Das war nicht immer klug gelöst, ist aber im überzeugenden Gesamtkonzept gut zu verschmerzen.

Fazit: „Die Tausend Teile meines Herzens“ ist genauso Colleen Hoover, wie auch alle anderen Bücher die ihren sind, weil ihre unverwechselbare Erzählstimme immer durchdringt. Diesmal haben wir es mit einer YA-Geschichte zu tun, die viele aktuelle Themen anhand einer dysfunktionalen Familie behandelt. Das klappt bis auf einige kleinere Aspekte wirklich sehr gut und ich habe mich in der Geschichte fallenlassen könne, wie ich es auch sonst immer tue!