Rezension

“Dornröschenschlaf” von Alison Gaylin

Dornröschenschlaf - Alison Gaylin

Dornröschenschlaf
von Alison Gaylin

Bewertet mit 4 Sternen

“Dornröschenschlaf” von Alison Gaylin

464 Seiten, Taschenbuch

Verlag: Ullstein

Reihe: Brenna Spector 1

Was würdest du tun, wenn du nicht vergessen kannst? Wenn du nicht weißt, wo deine Liebsten sind? Wenn jede Erinnerung dich zum schrecklichsten Moment deines Lebens führt? Seit der Entführung ihrer Schwester vor vielen Jahren leidet die Privatdetektivin Brenna Spector unter einem seltenen Phänomen: Sie kann sich mit allen Sinnen an jede Situation erinnern. Jeden vergangenen Moment zu sehen, zu hören und zu riechen ist ein Segen in ihrem Beruf, aber eine Qual in ihrem Leben. Vor allem, als Brennas neuester Fall zu einem vermissten Mädchen führt, das auf die gleiche Art verschwand wie ihre eigene Schwester …

Spannender Thriller mit ungewöhnlicher Ermittlerin, bitte mehr davon!

Manchmal ärgern wir uns, wenn wir wunderschöne Situationen unseres Lebens nach einiger Zeit schon wieder vergessen haben. Wir würden uns so gerne daran erinnern, mit allen Sinnen. Doch ist es nicht auch ein Segen, das Vergessen? Schließlich gibt es auch schlechte Erlebnisse, traurige, bedrückende, ohnmächtige Erlebnisse. Würden wir uns auch daran erinnern wollen?

Brenna Spector, die Privatdetektivin in Alison Gaylins neustem Roman „Dornröschenschlaf“, kann das. Ob sie will oder nicht, denn sie leidet am hyperthymestischen Syndrom. (Ja, das gibt es wirklich!) Ständig wird sie, ohne etwas dafür zu tun oder es steuern zu können, durch Gerüche, Worte oder Dinge, die sie sieht, in die Vergangenheit zurückgerissen. Erlebt sie wieder aufs Neue, schöne, sowie traurige und auch traumatische Ereignisse. Mit allen Sinnen. Sie spürt alten Schmerz körperlich, erinnert sich mit jeder Faser ihres Körpers daran.

Eines Tages schliddert sie in einen Fall hinein, bei dem ein junges Mädchen schon vor Jahren verschwand und begibt sich auf die Suche nach ihr. Immer wieder wird sie dabei an das Verschwinden ihrer eigenen Schwester vor vielen Jahren erinnert. Als wäre dies nicht genug, stellt sich bald heraus, dass zwischen den beiden Fällen eine Verbindung zu bestehen scheint …

Mit „Dornröschenschlaf“ ist Alison Gaylin ein spannender Thriller gelungen, deren Hauptprotagonistin Brenna Spector durch ihre Fähigkeit (oder ihre Störung, wie sie es nennt) etwas Besonderes ist. Einerseits ist ihr die Möglichkeit, sich an fast alles in ihrem Leben mit allen Sinnen erinnern zu können (auch an Namen, Telefonnummern, Adressen) eine große Hilfe bei ihrem Job als Privatdetektivin. Andererseits lebt sie ständig auch und vor allem in der Vergangenheit, was ihr einige Probleme einbringt. So muss sie sich während längerer Autofahrten mit ihrem etwas durchgeknallten Assistenten Trent per Telefon unterhalten, um sich auf die Gegenwart konzentrieren zu können. Auch ihre Tochter Maya hat es nicht leicht mit Brenna, der die Vergangenheit oft wichtiger zu sein scheint als alles andere. Doch Brenna hat ihrer Mutter vor Jahren geschworen, ihre Schwester Clea wiederzufinden.

Besonders gut hat mir an „Dornröschenschlaf“ gefallen, dass ich bis zuletzt wirklich keinerlei, null, aber auch gar keine Ahnung hatte, wie der Fall aufgelöst werden würde. Somit war eine kontinuierliche Spannung gegeben und ich musste einfach immer weiterlesen. Außerdem ist Brenna durch ihre, schon erwähnte, Fähigkeit natürlich eine außergewöhnliche Ermittlerin, von der ich gerne mehr lesen würde. Auch mit dem etwas undurchsichtigen Polizisten Nick Morasco und Brennas spleenigem Assistenten Trent hat Gaylin Charaktere geschaffen, denen ich in einem weiteren Roman gerne wieder begegnen würde. Und da es sich hier um den 1. Fall der Brenna Spector handelt, wird es wohl auch dazu kommen.

Negativ aufgefallen ist mir vor allem zum Schluss, dass so viele Personen (wenigstens namentlich) vorkamen, dass der Lesefluss gestört wurde. Dauernd musste ich überlegen „Wer war das noch mal?“ und kam etwas langsamer voran als zu Beginn. Außerdem bleibt Brenna Spector selbst, ihr Innenleben meine ich, recht mysteriös. Denn außer, dass sie immer noch tief traumatisiert vom Verschwinden ihrer Schwester ist, ständig mit ihrem Syndrom zu kämpfen hat und noch Kontakt zu ihrem Exmann aufrecht erhält, erfährt man nicht sehr viel über sie. Hier hoffe ich, dass weitere Bände etwas mehr auf Brenna eingehen, die insgesamt recht traurig und düster herüberkam.

„Dornröschenschlaf“ hat mich nicht enttäuscht! Wer einen spannenden Thriller mit einer Ermittlerin lesen will, die eine ganz besondere Fähigkeit hat, sollte hier auf jeden Fall zugreifen!

 4 von 5 Sternchen