Rezension

Drama in drei Akten

Drei Tage und ein Leben
von Pierre Lemaitre

~~Zum Inhalt:
Der zwölfjährige Antoine lebt 1999 zusammen mit seiner Mutter in einem französischen Dorf. Kurz vor Weihnachten erschlägt er mehr zufällig einen Nachbarsjungen im Wald, wird jedoch durch die großen Stürme und die dadurch angerichteten Verwüstungen vor der Entdeckung geschützt. Trotzdem bleibt seine Tat nicht ohne Folgen für ihn und sein Leben.

Mein Eindruck:
… und die Moral von der Geschichte: Du kannst deinem Schicksal nicht entfliehen. Das gilt nicht nur für Antoine, sondern auch für einige der Nebenfiguren in diesem Lehrstück um Schuld und Sühne. Zwar spielt sich die Story in der jüngeren Vergangenheit ab, sie wirkt aber relativ zeitlos und teilweise hätte sie sogar eher in die Vergangenheit gepasst: Das Dorfleben, die Heimlichkeiten, das bigotte Verhalten und auch das Obrigkeitsdenken und das Gottvertrauen sind wie aus der Zeit gefallen geschildert. Und diese Beschreibungen gelingen Lemaitre großartig. Wie die heimlichen Verbündeten Antoines leidet man mit ihm – totes Kind hin oder her – so eindrucksvoll wird Antoines Angst, Selbstmitleid und Verzweiflung geschildert. Gut gefällt, wie der Protagonist immer wieder vor die Wahl gestellt wird, sich seiner Verantwortung zu stellen und dieser reagiert und versucht, sich aus der Bedrängung zu lösen, um sich dann nur noch tiefer in einem verpfuschten Leben zu verstricken.
Dabei stehen die drei Kapitel (1999, 2011 und 2015) für die Scheidepunkte Antoines, wobei die immer kürzer werdenden Kapitel auch für die Abnahme der Möglichkeiten Antoines zu sehen sind.
Diese komplette Tragödie fesselt in ihrer Vollkommenheit und ihrem Ausmaß den Leser total und lässt einen traurig zurück, - keine Chance für niemanden – episch.

Mein Fazit:
Großartig geschrieben, unendlich traurig, passend für die Herbstdepression

4 Sterne