Rezension

Dramatische Familiengeschichte

Der Flügelschlag des Glücks
von Lisa Jewell

Bewertet mit 3.5 Sternen

Gestaltung 

Mich machte der Klappentext von Der Flügelschlag des Glücks neugierig. Mich interessierte nicht nur, welches Ereignis die Familie auseinander trieb, sondern ob oder wie sie wieder zueinander finden. 

Das Cover finde ich sehr ansprechend gestaltet. Es ist ein Baum darauf abgebildet. Der Titel ist in der Baumkrone platziert. Durch die farbliche Gestaltung des Covers wird auch die Atmosphäre der Geschichte transportiert, die teilweise sehr bunt und farbenfroh ist. 

Allerdings war mir die Schriftart eindeutig zu klein. Jetzt werdet ihr sagen: Ja, dann hättest du das Hörbuch hören können! Und ich gestehe: Das Buch war schon sehr lange auf meiner Wunschliste und ich habe es absolut verplant, dass es eigentlich eine Hörbuch Fassung der Geschichte gibt. Tja, Buchlinge, man lernt nie aus. 

 

Inhalt 

Zu Beginn des Romanes lernen wir eine wunderbare Familie kennen. Mutter Lorelei und Vater Collin sind absolut liebenswürdig und versuchen das Leben ihrer Kinder so schön wie möglich zu gestalten .Zentraler Handlungsort der Geschichte ist das alljährliche Osterfest, welches die Birds bei sich zu Hause feiern. Hier werden auch regelmäßig Freunde und Familie eingeladen. Ostern stellt für die Birds wohl das zweite Weihnachtsfest dar. Ganz besonders die alljährliche Eiersuche hat es nicht nur den Kindern, sondern auch Mutter Lorelei angetan.

 

Lisa Jewell beschreibt die Geschichte aus mehreren Perspektiven. Zuerst blickt sie von außen auf die Familie und beschreibt die Idylle, in der sie leben. Und dann nimmt sie nach und nach die verschiedenen Perspektiven der Familienmitglieder ein: Angefangen bei der ältesten Tochter Meg, der nach und nach auffällt, dass mit ihrer Mutter etwas nicht stimmt. Weiter geht es mit ihrer jüngeren Schwester Bethan, von allen Beth genannt, die auf der Suche nach sich selbst ist. Und auch die Brüder Rhys und Rory haben eine eigene Sichtweise auf das Familienleben. 

 

Nach dem Ereignis, das die Familie auf eine harte Probe stellt, gehen die Wege der Familienmitglieder auseinander. Lisa Jewell lässt uns teilhaben, wie es dazu kam und wie sich die unterschiedlichen Familienmitglieder mit sich auseinandersetzen. 

 

Ich kam mit dem Aufbau des Romanes nicht wirklich zurecht. Die Kapitel werden immer mit einer Mail von Mutter Lorelei an ihren Brieffreund Jim eingeleitet. Das ist zwar gut gelungen, weil wir Lorelei sonst nur aus den Perspektiven Anderer erlebten, aber gerade auf den letzten Seiten waren mir die Mails etwas zu banal. Die Idee die Geschichte aus den verschiedenen Blickwinkeln der Kinder zu erzählen, hat mir an sich auch gefallen. Allerdings waren mir die Charaktere etwas zu einseitig bzw. wurde ihre Veränderung nicht wirklich thematisiert. Wir lernten zwar hier und da ein paar Krisen kennen, ich konnte aber nicht wirklich nachvollziehen, wie es dazu kam. Alles auf das Ereignis zu schieben, klang einerseits logisch, andererseits war es mir auch irgendwo etwas zu weit hergeholt. Zudem wurden mir die wesentlichen Veränderungen eines Geschwisterteils immer im Gespräch zwischen anderen Geschwistern herausgearbeitet. Das war mir tendenziell auch etwas zu einfach gedacht.

Hier und da schienen mir die Charaktere manchmal etwas unberechenbar, was einfach daran lag, dass ich sie nicht richtig greifen konnte. So gibt es beispielsweise eine Nachbarin, die eine wichtige Rolle in dem Roman einnimmt. Wir erleben ein Kapitel aus ihrer Sicht. Hier schien sie mir wirklich unsympathisch. Sie versucht sich in die Familie zu drängen und lässt auch kein gutes Haar an den Bird-Kindern aus. Und auch die anderen Familienmitglieder schienen sie höchstens zu dulden. Dann - Jahre später - ist sie plötzlich vollkommen akzeptiert worden. Auch ich schien sie nun sympathischer zu finden und hatte das Gefühl, dass der Charakter eine vollkommene gegensätzliche Entwicklung gemacht hat, von der ich aber überhaupt nichts mitbekommen habe. Und das schien mir dann doch etwas weit hergeholt.

 

Zudem erzählt der Klappentext davon, dass ein Ereignis die Familienmitglieder wieder zusammenbringt. Und dieses Wieder- zueinander-Finden-Thema spielte sich etwa auf den letzten 80 Seiten des Buches ab. Über die Hälfte des Buches handelte von dem Auseinanderdriften der Familie. Mir wäre es lieber gewesen, wenn die Handlungsstränge gleichmäßig verteilt worden wären. 

 

Spannung 

Zu Beginn von Der Flügelschlag des Glücks war der Spannungsbogen gut aufgebaut. Wir erlebten die Idylle und wie das ganze Gebilde zu bröckeln beginnt, als die älteste Tochter Megan in die Pubertät kommt. Dann bleibt der Spannungsbogen ziemlich lange auf einer Ebene. Natürlich ist es interessant zu lesen, was mit der Bird-Familie so passiert, aber mir fehlte der Kick. Ich fragte mich, wie lange es noch dauern würde, bis endlich alle zusammenkamen. 

Gegen Ende nimmt das Buch dann aber eine schöne Wendung. Obwohl viel Zeit vergangen ist, wirkt es trotzdem nicht unrealistisch, wie die Familie aufeinander reagiert. 

 

Schreibstil 

Lisa Jewell hat dem Roman einen allwissenden Erzähler verpasst. Sie erzählt nicht nur Kapitel aus verschiedenen Perspektiven, sondern wechselt hier und da auch schon mal innerhalb einer Szene die Perspektive. An sich mochte ich ihren Schreibstil. Sie schafft es schwierige Situationen bildhaft zu beschreiben, ohne, dass man als Leser gleich eine Diagnose hingeklatscht bekommt. Wir können mit ihr gemeinsam verfolgen, wie sich der Zustand entwickelt. Jedoch haben mir hier und da etwas die Dialoge gefehlt.

 

Gesamteindruck 

Wenn ihr meine Rezension jetzt so lest, fragt ihr euch wahrscheinlich, warum das Buch denn so viele Punkte bekommen hat, wenn ich bisher nur die negativen Seiten hervorhebe. An sich hat Der Flügelschlag des Glücks irgendwo auch eine schöne Atmosphäre und die Grundidee finde ich echt gut. Es war also keine absolute Leseenttäuschung, sondern warf für mich nur an einigen Stellen Fragen auf.