Rezension

Dramatische Geschichte einer jungen afrikanischen Läuferin, sehr einfühlsam erzählt

Sag nicht, dass du Angst hast - Giuseppe Catozzella

Sag nicht, dass du Angst hast
von Giuseppe Catozzella

Bewertet mit 5 Sternen

"Sag nicht, dass Du Angst hast, kleine Samia. Niemals. Sonst fühlen die Dinge, vor denen Du Angst hast, sich groß und glauben, sie könnten Dich besiegen."

Samia Yusuf Omar ist eine somalische Athletin, die seit ihrer Kindheit - gemeinsam mit ihrem besten Freund - das Laufen trainiert. Sie sieht ihr Laufen als eine Art Kampf. Sie will als "Kriegerin" eines Tages bei den Olympischen Spielen teilnehmen und ihr kriegsgebeuteltes Land Somalia vertreten. Sie will für die Freiheit ihres Landes laufen. Der Krieg ist Samias "großer Bruder" - seit ihrer Geburt lernt sie nichts anderes kennen. Ihr Land befindet sich im Bürgerkrieg, gleichzeitig erlangt die terroristische Gruppe Al Shabaab immer mehr Macht und Einfluss, was besonders für Frauen extreme Einschränkungen bedeutet. So läuft Samia nur noch heimlich, in der Nacht... Von Schicksalsschlägen nicht verschont, aber Immer ihr Ziel vor Augen schafft Samia es zu den Olympischen Spielen in China 2008 und läuft dort - für ihr Land - als Letzte ins Ziel. Ihr anschließender Wunsch nach angemessenen Trainingsbedingungen kann in ihrem Land jedoch nicht erfüllt werden und so beginnt Samia eine beschwerliche Reise, die sie letztendlich nach Europa führen soll. Die Olympischen Spiele in London 2012 sind ihr nächstes großes Ziel...

Immer und immer wieder denke ich über dieses Buch nach, über Samia - diese wahrhaft starke Kämpferin. Und immer wieder macht es mich unsagbar traurig. Giuseppe Catozzella schreibt aus der "Ich"-Perspektive Samias Geschichte in einer sehr warmherzigen, poetischen und gefühlvollen Art und Weise. Sein Schreibstil ist schlicht und sehr flüssig, oft werden wunderbare Gedanken eingeflochten, bei denen ich einen Moment lang inne gehalten habe. So zum Beispiel dieses Zitat: "Am allerliebsten mochte ich Geometrie. ... Wenn es Regeln zur Erklärung des Universums gab, konnte es nicht so grausam sein. Vielleicht entdecken wir ja eines Tages die Gesetze, weshalb die Menschen Krieg führten, und könnten ihn an diesem Tag für immer begraben."

Samias Weg und den Zusammenhalt in ihrer Familie, die ihr nicht zuletzt auch solche Stärke verleiht, beschreibt der Autor sehr intensiv und voller Wärme. Die Flucht und die verschiedenen Stationen muss Samia nahezu allein bewältigen - auch hier ist Catozzella ganz bei ihr und ich als Leser schlucke ein ums andere Mal ob der Grausamkeit und des Betruges, die sich auftun, aber auch, weil ich sehe, dass Samias Lebenswille langsam schwindet. Es ist unglaublich erschütternd, was in der Welt geschieht und ich - nein - wir alle hier in Deutschland sollten so dankbar sein, dass wir in Frieden leben können. Das traurige Ende, welches ja bekannt ist, hat Catozzella in einer schönen und poetischen Art geschrieben. Es wird der wunderbaren Samia Yusuf Omar mehr als gerecht. Und dafür danke ich ihm sehr.

Fazit: Die Geschichte der somalischen Läuferin Samia ist sehr feinfühlig und berührend geschrieben. Sie läßt mich über den Tellerrand blicken und viel Grausamkeit erkennen, aber auch Liebe, Familie, Freundschaft. Das Buch macht mich sehr nachdenklich und auch traurig. Die Geschichte läßt mich selbst nach Tagen nicht los. Ich verneige mich vor Samia und danke dem Autor für dieses besondere Buch. Ich wünsche mir, dass es von vielen Menschen gelesen wird!