Rezension

Dramatischer zweiter Teil

Red Rising: Zeitalter des Lichts -

Red Rising: Zeitalter des Lichts
von Pierce Brown

„Millionenfache Schlächter. Die Geschichte beweist eines: Gewalt erschafft Imperien. Gewalt wird verehrt, respektiert, geachtet. Wieso sind wir Ungeheuer, nur weil wir diese Wahrheit annehmen? Wieso bin ich böse? Alle wichtigen Menschen haben so gehandelt!“ S. 318

 

Na? Läuft euch bei dem Zitat auf eine Gänsehaut über den Rücken? Und fragt ihr euch gleichzeitig, warum es so erschreckend aktuell ist? Das Zitat thematisiert auch die Handlung vom aktuellen Red Rising Teils ziemlich treffend, obwohl es weit in der Zukunft und am Rande unseres Universums spielt. 

 

Darrow ist zur Legende geworden. Er ist auf dem Weg in die Randzone, um Verbündete und Material zu finden. Gleichzeitig macht Lysander Boden gut und die dritte Playerin - die Rote Lyria - befindet sich als Blinder Passagier auf der Archimedes. 

 

Es ist eine wilde Mischung, dieser zweite Teil des sechsten Bandes von „Red Rising“ - und gerade wegen dieser Ungezügeltheit und Rohheit hat mir das Buch so viel Spaß gemacht. Ich bin beinahe in einen Rausch verfallen und habe die Seiten in kürzester Zeit weginhalliert - Die Mischung aus dem Ernst, dem Blut, durch das die Figuren auf ihrem Weg waten, aber auch dem sarkastischen Witz, den Brown in wohltuenden Therapiedosen in die Seiten einfließen lässt, machen für mich den Charme aus. Charme? Nun ja, wer jetzt auf Wattebäuschchen setzt, mit dem sich die Figuren bewerfen, den muss ich leider enttäuschen. Es geht rau zu, hart, mit vielen Verlusten auf beiden Seiten - sie waten durch Blut und Gedärme, abgeschnittene Gliedmaßen und das nicht zu knapp. 

 

Warum funktioniert es für mich trotzdem? Die Gedanken von Darrow, Lyria und teilweise auch Lysander sind schockierend, aber nachvollziehbar. Ich habe sie verstanden. Ihre Verzweiflung, ihren Drang, der sie immer weiter treibt. Ihre Motive sind so stark, so komplex und andererseits so nachvollziehbar einfach. Und das macht für mich das Fünkchen aus, das sich in meinem Herzen zu einem Flächenbrand entwickelt und mich auch in eine Impulsrüstung schlüpfen lässt. Wo ist mein Razor? Ich mache alles dem Erdboden gleich und kämpfe an eurer Seite!

 

Am liebsten bin ich übrigens auf der Archimedes gewesen und mit Darrow und Co. durch die weiten des Alls gedüst. Es kam mir ein bisschen wie zuhause vor - und das ist wichtig für mich. 

 

Am Ende wurde es dramatisch - dramatischer als das Buch eh schon ist! Ich habe jemanden zutiefst betrauert - und einen neuen erbitterten Feind gewonnen. Gleichzeitig freue ich mich unbändig auf ein Wiedersehen mit Charakteren, die in der zweiten Hälfte des sechsten Bandes nicht mehr vorkamen. Pierce Brown schreibt schon am Abschlussband „Roter Gott“, und ich fürchte das Buch, genauso wie ich danach giere.