Rezension

Drei auf Reisen - Gemeinsam oder Einsam?

Drei auf Reisen - David Nicholls

Drei auf Reisen
von David Nicholls

Zum Inhalt: Douglas und Connie sind seit fast 25 Jahren verheiratet, als Connie Douglas eines Nachts eröffnet: „Ich habe das Gefühl, unsere Ehe ist am Ende, Douglas. Ich glaube, ich will dich verlassen“. Dies passiert kurz vor der geplanten gemeinsamen Grand Tour, die das Ehepaar zusammen mit ihrem siebzehnjährigen Sohn Albie durch ganz Europa unternehmen will – eine Reise, gedacht als letzter Familienurlaub, als Bildungsurlaub zu den wichtigsten Kulturstätten Europas, um Albie, der nach dem Sommer ausziehen und zum College gehen wird, einen würdigen Übergang vom Jungen zum Mann zu verschaffen.
Mit gemischten Gefühlen stimmt Douglas, aus dessen Augen der Leser das Geschehen erlebt, zu, die Reise nicht abzusagen und den Familienurlaub trotz des Damoklesschwerts, das plötzlich über dem weiteren Familienleben hängt, anzutreten.
Wie geplant geht es los -  mit einer Tasche voller Reisevorbereitungen und Plänen, und, zumindest in Douglas' Gepäck, der Hoffnung auf einen guten Ausgang der gemeinsamen Reise und ein gemeinsames Wieder-Ankommen. Doch schon nach der ersten Station – Paris – ist klar, dass ein Familien-Urlaub der Petersens schon unter normalen Umständen kein besonders harmonischer werden wird – Douglas kämpft nicht nur mit den Gedanken an das mögliche Ende seiner Ehe, sondern muss sich auch der Tatsache stellen, wie sehr er sich schon seit Jahren von seinem Sohn entfremdet hat. Für ihn wird somit der Versuch, seine Familie wieder für sich zu gewinnen und bestehende Abgründe zu überwinden, zum primären Ziel der Reise...

Eigene Meinung: Schon das erste Buch - „Zwei an einem Tag“ des Autors David Nicholls hat mir gut gefallen, doch „Drei auf Reisen“ konnte mich noch weitaus mehr überzeugen. Innerhalb weniger Seiten war ich gefesselt von der Mischung aus Melancholie  und dem feinen Humor Nicholls, der zwischen den Zeilen eine bittersüße Stimmung erzeugt. Vermischt mit den Kapiteln, in denen die gemeinsame Reise der Petersens beschrieben wird, sind Kapitel, in denen Douglas eine Reise in seine gemeinsame Vergangenheit mit Connie unternimmt – man erfährt, wie sich dieses ungleiche und unwahrscheinliche Pärchen – Connie, eine lebensbejahende Künstlerin und Querdenkerin, und Douglas, ein eher sachlich ausgelegter Biochemiker, der in emotionalen Belangen eher unbeholfen und nach eigenen Ansagen „im Jungsein nie besonders gut gewesen“ ist, kennen lernte und sich trotz aller Gegensätzlichkeiten ihre Liebe entwickelte. So erfährt man als Leser parallel wie alles begann, und wie in der Gegenwart alles zu enden scheint.
 

„Ich liebe Dich.“ – „Dürfen wir das noch sagen?“ – „Nur, wenn es stimmt.“ – „Tja dann: Ich liebe Dich auch.“ (S. 312)
Der Stil ist sehr unterhaltsam, der Einstieg in die Geschichte ist leicht und ich bin nur so von Kapitel zu Kapitel geflogen. Dazu trägt auch bei, dass die Kapitel zumeist  sehr kurz sind. Es hat mir sehr viel Spaß gemacht, nach dem Beenden eines Kapitels nochmal zurück zu blättern und die Überschrift des Kapitels Revue passieren zu lassen – oftmals kommt schon hier der feine Humor des Autors herrlich zum Ausdruck.  Die gelungenen Ortsbeschreibungen des Autors haben mich in das nächtliche Paris, die Grachten von Amsterdam, in den trubeligen Lärm von Venedig, das beeindruckende Florenz und schließlich in das pulsierende Madrid entführt. Genauso greifbar wie die Atmosphäre der Städte und die brütende Hitze des sommerlichen Südeuropas, waren dabei für mich die Melancholie und Angespanntheit Douglas' bei seinem verzweifelten Versuch, seine Ehe und sein Familienleben zu retten. Dabei ist Douglas kein Protagonist, mit dem man sich immer leicht identifiziert - nicht selten möchte man in schütteln und ihn dazu bringen, sich anders zu verhalten, nicht so knochentrocken, nicht so verkopft, nicht so starr zu sein – doch ist dabei immer klar, dass er nicht anders kann, als der zu sein, der er nun mal ist, auf seine Weise jedoch immer liebenswert.
Zum Ende möchte ich nicht zu viel verraten, außer, dass ich – eine bekennende Liebhaberin von Happy Ends – die Entwicklung der Drei sehr glaubhaft dargestellt fand und mich mit dem Ende gut aussöhnen konnte. Nach dem Zuschlagen der letzten Seite bleibt das Gefühl, Douglas, Connie und Albie auf ihrer weiteren Reise, die ich nun nicht mehr verfolgen kann, weiterhin alles Gute zu wünschen.