Rezension

Drei Frauen mit Blick in die Zukunft

Die Frauen vom Alexanderplatz - Elke Schneefuß

Die Frauen vom Alexanderplatz
von Elke Schneefuß

Bewertet mit 4 Sternen

Vera, die Schneidermeistertochter, verliebt sich Hals über Kopf in den Matrosen Benno. Fritzi, seine Jugendliebe vom Land, mit der er die vierjährige Tochter hat, versucht ihn in den Wirren nach dem Krieg zu finden. Und Hanna, die Lazarettschwester aus gutem Haus, kehrt nach dem Krieg in die elterliche Fabrikanten-Villa nach Berlin-Dahlem zurück.
Drei sehr unterschiedliche Frauen 1918 in Berlin, deren Wege sich kreuzen und die sich sicher sind, dass sich ihre Träume im Positiven erfüllen werden.

Dezember 1918, das erste Weihnachtsfest nach dem Krieg. Es herrscht Armut, es gibt keine Arbeit und den heimkehrenden Soldaten geht es sehr schlecht. Im Gegensatz zum Winter hier im Moment ist Berlin 1918 tief verschneit.
In immer wieder zwischen den Frauen wechselnden Kapiteln lerne ich sie nach und nach kennen. Drei Frauen aus unterschiedlich sozialen Schichten, die verschiedener nicht sein könnten. Aber alle wollen das Gleiche: Ihren Traum nach Eigenständigkeit und den Wunsch ihr Leben nach eigenen Wünschen zu gestalten nun leben.

Vera, deren Vater im Krieg gestorben ist und die nun sich und ihre Mutter mehr schlecht als recht durchzubringen versucht, ist eine Kämpferin. Das Geld, das die kleine Schneiderei abwirft ist knapp und die Medikamente, die ihre Mutter benötigt, sind teuer. Sie lernt den Matrosen Benno kennen, verliebt sich sofort und versteckt ihn. Als ihr Bruder, dessen ganze Leidenschaft am Militär und den Freikorps hängt, aus den Kriegswirren zurückkehrt, muss sie sich wehren und gegen ihn stellen. Ihren Mut und ihre Courage habe ich sehr bewundert.
Fritzi, die sich aus ihrer Ostseeheimat nach Berlin aufmacht, wo sie sich erst mal zurechtfinden muss, sucht nach ihrem Benno um ihrer kleinen gemeinsamen Tochter Christel den Vater wiederzubringen. Der hat allerdings von einer Tochter keine Ahnung. In Berlin findet Fritzi Bennos Cousin. Sie möchte, dass alles so bleibt bzw. wieder so wird wie es einmal war.
Hanna, die Fabrikantentochter, die es schwer hatte, im Krieg als Hilfskrankenschwester anerkannt zu werden, soll nun verheiratet werden. Was ihren Plänen Medizin zu studieren und ihren Zielen, die so ganz anders aussehen, als es sich ihre Eltern vorstellen, absolut nicht entgegen kommt. Außerdem hat sie ihre große Liebe Cora schon gefunden. Sie hat sich sehr schnell in mein Herz geschlichen und für mich die sympathischste von den Dreien..

Mit „Die Frauen vom Alexanderplatz“ erzählt Elke Schneefuß die fesselnde Geschichte dreier Frauen, die alle nur ein Ziel haben: nach den schlimmen vergangenen Zeiten endlich glücklich zu werden und ihr Leben so zu gestalten, wie sie es wollen. Leider verändert sich das Frauenbild nur sehr langsam, was die Durchführung ihrer Pläne nicht ganz einfach macht. Aber Aufgeben ist keine Option.
Durch die bildhaften, detailgenauen und lebendigen Beschreibungen fühle ich mich recht schnell mittendrin in Berlin angekommen. Sehr gefühlvoll lerne ich die Träume und Gedanken der sehr individuellen, menschlichen Protagonistinnen kennen und verstehen. Ganz langsam verweben sich die Lebenswege der drei Frauen, was ich mit den Wendungen hier sehr gelungen dargestellt finde. Für mich ist alles sehr plausibel und nachvollziehbar dargestellt. Fragen blieben bei mir keine offen.

Auch die politische Lage in der Stadt und die gesellschaftlichen Umbrüche kann ich mir anhand der Beschreibungen sehr gut vorstellen. Die wichtigsten geschichtlichen Hintergrundinformationen werden locker und leicht in die Geschichte mit eingebunden.

Es hat Spaß gemacht, den Frauen in ihr neues Leben nach dem Krieg zu folgen. Dabei sein zu dürfen, wie sie sich ihre Träume erfüllen. Ich habe mit ihnen geweint und gelacht, mit ihnen gelitten und gehofft und mich immer mal wieder auch überraschen lassen.

Die vielen Erinnerungen meiner Oma, die die Wirren des 1. Weltkrieges als 16-jähriges Mädchen miterlebt hat und die sie an mich weitergegeben hat, hatten mich bewogen, dieses Buch zu lesen. Und ich habe es nicht bereut. Im Gegenteil.
Eine unterhaltsame Geschichte mit Höhen und Tiefen, die mich berührt hat und ich gerne weiter empfehle.