Rezension

Drei Generationen Liebe und Streit

Die Herzen der Männer
von Nickolas Butler

Bewertet mit 4.5 Sternen

So unmöglich es dem Leser auch erscheinen mag: Nelson ist mit Leib und Seele Pfadfinder, obwohl niemand der anderen ihm das leicht macht, am allerwenigsten sein Vater. Doch irgendwie fügen sich die Dinge und schließlich erleben wir drei Generationen einer Familie, die sich in Nelsons Dunstkreis als Hauptcharaktere dieses Romans durchs Leben schlagen.

Betrachtet man das Cover aus dem ästhetischen Blickwinkel, ist es schon hübsch; schaut man es sich jedoch nach dem Lesen des Romans an, eröffnet es eine ganz neue Tiefe: Nelson, der kleine Junge, der in die Herzen der Männer (und Frauen) sieht. Das gefällt mir ziemlich gut, obwohl ich befürchte, dass ich der Motivwahl damit zu viel Bedeutung beimesse. Aber gerade solche Details sind es, die mir auffallen und die mich begeistern können – und so auch die Geschichte.

An nicht wenigen Stellen ist diese Geschichte nur schwer erträglich. Nelsons Campkameraden springen echt nicht zimperlich mit ihm um, die von ihm ausgesprochene Geburtstagseinladung schreit geradezu danach, in einem demütigenden Ereignis zu münden, wir bekommen kleine Einblicke in Geschichten aus dem Krieg und kommen auch um (Achtung, manche könnten das als Spoiler empfinden) (Achtung, ich hätte an dieser Stelle gern vorher eine Triggerwarnung gehabt) eine Vergewaltigung nicht herum. (Spoiler Ende)
Harter Tobak, meinem Empfinden nach jedenfalls.

Sehr interessant und stellenweise gruselig fand ich die Einblicke in das amerikanische Pfadfindersystem. Dass Homosexualität dort in vielen Fällen nicht einmal stillschweigend geduldet wird, hatte ich spätestens seit der Serie „The New Normal“ im Kopf, doch auch abgesehen davon fällt es mir schwer zu glauben, dass man dort mit einer weltoffenen Einstellung glücklich wird. Es würde mich wirklich interessieren, wie nah das hier geschilderte an der Realität ist.

Insgesamt hat mir „Die Herzen der Männer“ wirklich richtig gut gefallen. Es besitzt eine gesunde Portion Handlung, die mich schlucken ließ, es wird zum Ende hin richtig spannend und ließ mich sogar ein, zwei Tränen vergießen. Und trotzdem bin ich nicht restlos begeistert, ein kleines Fünkchen fehlte mir noch.