Rezension

Drei Hinweise und ein großes Rätsel

Falsch - Gerd Schilddorfer

Falsch
von Gerd Schilddorfer

Bewertet mit 5 Sternen

Das Cover spricht mich nicht wirklich an. Es hat zwar Details, die zum Inhalt passen, aber es lockt mich nicht. Das finde ich schade, denn das Buch ist wirklich gut geschrieben. Ich mag dicke Bücher - lange Storys sind toll, wenn sie nicht langweilig sind. Ganz besonders mag ich Bücher, die auf gutem Papier gedruckt sind. Das ist hier der Fall: die Seiten sind kräftiges, starkes Papier. Besonders gelungen finde ich auch die Kapitelüberschriften. Am Ende des Buches erfährt man auch noch, wie das Leben einiger der Protagonisten weitergeht/weiterging. Das gefällt mir sehr. Bei diesem Buch hat man sich wirklich über jedes Detail Gedanken gemacht.

Die vielen einzelnen Erzählstränge machen es schwer, gleich tief in die Story einzutauchen. Die Sprünge von einem Strang zum anderen strengen ein wenig an. Jeder einzelne Strang hat seinen eigenen Reiz. Doch kaum ist man im Geschehen, wechselt die Szene wieder zum nächsten Erzählstrang. Bis sie sich annähern, dauert es doch recht lange. Dann allerdings kommt man so richtig in Fahrt und mag das Buch nicht mehr weglegen. Man darf sich also nicht davon abschrecken lassen, dass man sich erst reinknien muss, bis der Funke überspringt.

Es ist genial, wie gut alle Puzzleteilchen ineinanderfinden - sind es doch wirklich viele! Spannend und stimmig schreibt Schilddorfer in einem Stil, der sich eingängig liest und sehr gut unterhält. Die Reise durch drei Zeitalter und viele Länder ist perfekt aufgebaut. Die Personen sind sauber und klar gezeichnet, sodass der Leser keine Schwierigkeiten hat, die ganze Story wie einen Film vor dem geistigen Auge ablaufen zu lassen. Weder Personen- noch Ortsbeschreibungen sind zu lang und damit langweilig. Es ist schon manchmal erschreckend, wie gut Schilddorfer auf den Punkt genau trifft, wie ausführlich er beschreiben muss. "Falsch" ist nicht nur ein Thriller, sondern auch ein Abenteuer, eine Schnitzeljagd, eine Zeitreise, eine Achterbahnfahrt - es ist ein unbeschreiblich vielfältiges, faszinierendes Superbuch!

Trotzdem noch am Rande dies:
In Büchern - besonders in denen mit mehr als 200 Seiten - finden sich ab und an Fehler. Das ist menschlich und kann passieren. Ärgerlich wird es aber, wenn sie sich häufen. Die Anzahl hält sich hier zwar in Grenzen (doppelte Wörter, falsche Grammatik, falsche Wörter usw.), aber auf Seite 92 fiel mir doch glatt die Kinnlade runter. Zitat: "Finch lehrte das Glas in einem Zug und stellte es dann hart auf die Bar." Mich würde wirklich brennend interessieren, was genau Finch dem Glas nun gelehrt hatte und wie er das angestellt hat. Ich persönlich leere Gläser.

Ein paar kleine Ungereimtheiten finden sich inhaltlich. So beispielsweise die Namensgebung für den Papagei von Botero und dem Alter und der körperlichen Verfassung einiger der Protagonisten. Hier räume ich dem Autor jedoch künstlerische Freiheiten ein, da für mich "Falsch" ein Thriller ist und kein authentisches Geschichtsbuch. Andere Leser könnten allerdings negativ darauf reagieren.

Von mir gibt es für "Falsch" jedenfalls die volle Sternezahl, denn Schilddorfer hat mich komplett in die Geschichte gezogen. So gut schafft das selten ein Autor!