Rezension

Drei Schwestern halten zusammen

Drei Schwestern am Meer - Anne Barns

Drei Schwestern am Meer
von Anne Barns

Bewertet mit 5 Sternen

„...Der Wind hatte nicht nur den Meeresboden aufgewühlt, sondern auch die Algen ordentlich durcheinandergewirbelt. Dadurch wurde das Eiweiß in ihnen freigesetzt und zu vielen kleinen Bläschen aufgeschlagen, wie in einem Mixer. Und nun zieren weiße Schaumkronen aus Algeneiweiß den Spülsaum...“

 

Rina besucht auf Rügen ihre Oma. Für das Wochenende erwartet sie ihren Freund Daniel. Als der erscheint, macht er ihr einen Heiratsantrag. Rina bittet um Zeit. Sie ist noch nicht so weit. Das trifft auch für ihre berufliche Zukunft zu. Eigentlich wollte sie seit dem Tod der Eltern immer Kardiologin werden. Nun denkt sie über eine andere Spezialisierung nach.

Zurück im Haus der Oma hört sie in ihrem Zimmer, wie in der Küche Geschirr zu Boden fällt. Ihre Oma ist zusammengebrochen. Sie ruft den Notarzt und beginnt mit der Wiederbelebung.

Die Autorin hat einen berührenden Gegenwartsroman geschrieben. Die Geschichte wird von Rina selbst erzählt. Sie und ihre beiden Schwestern sind auf Rügen bei der Oma aufgewachsen.

Die Protagonisten werden gut charakterisiert. Rina, die Älteste, arbeitet als Ärztin in Berlin. Sie wirkt ruhig, besonnen und verantwortungsbewusst. Pia, die Mittlere der Schwestern, arbeitet als Künstlerin in Putbus. Jana absolviert gerade ihr erstes Studienjahr. Sie ist die Jüngste, lebensfroh, immer für eine humorvolle Bemerkung gut und fast unbekümmert. Das ausgezeichnete Verhältnis zwischen den Geschwistern zieht sich wie ein roter Faden durch die Handlung. Gemeinsamkeiten stärken den Zusammenhalt, mit Unterschieden gehen sie selbstbewusst um.

Marianne Melchow, die Oma, hat ihr Leben noch voll im Griff. Deshalb kommt ihr Zusammenbruch für die Geschwister wie ein Blitz aus heiterem Himmel. Sie wissen noch nicht, dass ihre Großmutter ein gut gehütetes Geheimnis mit sich trägt.

Der Schriftstil lässt sich angenehm lesen. Die Geschichte hat mich schnell in ihren Bann gezogen. Das Eingangszitat ist nur ein Beispiel für die bildhafte Beschreibung der Landschaft auf Rügen. Die Autorin beherrscht ausgezeichnet den Umgang mit passenden Metaphern.

Ab und an lässt mich die Oma an ihren Lebensweisheiten teilnehmen. Folgendes Zitat zeugt von Erfahrung:

 

„...Manche Menschen hinterlassen eine Lücke, andere machen Platz...“

 

Durch die vielen Gesprächen der Geschwister werde ich über ihr Leben in den vergangenen Jahren informiert. Ihre Liebe zur Großmutter lässt sie jetzt die richtigen Entscheidungen fällen.

Die medizinischen Fakten werden ausreichend erläutert und gekonnt in die Handlung eingefügt. Dem kommt entgegen, dass Rina als Ärztin dies ihren Schwester und damit mir als Leser erklärt.

Als stilistische Besonderheit werden kursiv ein paar Träume der Oma im künstlichen Koma eingefügt. Darin werden Geschehnisse der Gegenwart mit Erinnerungen der Vergangenheit verknüpft. Das gibt der Geschichte eine innere Spannung,, denn für mich als Leser erwachsen daraus offen Fragen.

Ab und an gibt es sehr humorvolle Szenen. Häufig ist Jana dafür der Auslöser.

Gut ausgearbeitet werden die Emotionen der Protagonisten, seien es Theas Angst um ihren Mann, Rinas Enttäuschung über Daniels Verhalten oder Miros stille Trauer.

Nach und nach werden die Fragen der Vergangenheit beantwortet. Dabei spielen politische Verhältnisse eine nicht zu unterschätzende Rolle.

Das Buch hat mir ausgezeichnet gefallen. Vertrauen und Zusammenhalt sind wesentliche Punkte, die im Buch thematisiert werden und der Geschichte ihr besonderes Flair geben.