Rezension

Du darfst summen, wenn du den Text nicht kennst

Miroloi - Karen Köhler

Miroloi
von Karen Köhler

Bewertet mit 4 Sternen

Miroloi #Dbp19, ist ein griechisches Wort und bedeutet: Totenlied. So wurde auch das Buch #Dbp19 in 128 Strophen gegliedert. Nein, es ist nicht in Versform gestaltet, nur in den Überschriften ist das Wort Strophe enthalten. Es ist der erste Roman der Autorin Karin Köhler und steht neben 19 anderen auf der Longlist des Deutschen Buchpreises 2019. Die Sprache ist eigenwillig, entspricht aber Meinung nach dem Alter der Hauptperson. Für mich war sehr schön zu erkennen, wie sie reifer wird und ihre Worte dementsprechend wählt.

 

„Trostmoment“, so nennt das Mädchen ohne Namen ihre kleine Katze. Minki heißt das Tier und es erlitt das gleiche Schicksal wie sie. Beide humpeln, weil eins der Beine kürzer ist. Und die Behinderung ist keineswegs von Geburt an gewesen oder durch einen Unfall hervorgerufen. Es waren Menschen, die ihnen leid zufügten.

 

Die Hauptperson des #Dbp19, das namenlose Mädchen, lebt in einem Bethaus und wird hier vom Bethaus-Vater versorgt. Er fand sie an einem kalten Winterabend auf der Treppe in einem Bananenkarton. Die Bewohner des Dorfes verachten sie, weil der Winter damals so kalt war, dass die Aussaat erfror und es keine Ernte gab. Die Menschen nennen sie „Dievondrüben, Eselstochter und Erntevernichterin“. Kinder verhöhnen sie und rufen ihr die Schimpfnamen hinterher. Alte Frauen sitzen am Straßenrand und tuscheln über sie. Als eine junge Frau eine Totgeburt erlitt, wird die Kleine auch dafür verantwortlich gemacht.

 

Einzig der Bethaus-Vater und Mariah, eine ältere Frau beschützen sie vor dem Schlimmsten. Die Menschen lassen sich ihr Leben vom Ältestenrat bestimmen. Der macht die Gesetze und die sind keineswegs nachvollziehbar. Lesen lernen dürfen nur Kinder mit „Zipfel“, mehr als drei Baby darf kein Paar haben und der dritte Sohn muss ein Betmann werden. Wer den Gesetzen nicht folgt, muss harte Strafen hinnehmen.

 

Dass der Konjunktiv Abstand bringt, tröstet das Mädchen. Ihr Ziehvater meint dazu: „Sie sagen, ich sei eine Missgeburt. Nicht ich bin eine.“ Die Ich-Erzählerin schreibt eine fiktive Geschichte, es ist nicht klar zu erkennen, wo das kleine Eiland liegt. Mir gefiel das Buch gut. Interessant finde ich hier mal wieder die kontroversen Diskussionen, die mit zum Erfolg beitragen werden. Die Erzählung ist strukturiert und zuweilen recht brutal. Ich gebe eine Empfehlung für Leser, die sich auf eine Literatur einstellen möchten, die nicht gang und gäbe ist.

 

Ich bin gespannt, ob Miroloi es auf die Shortlist schafft und danke #NetgalleyDE, dass ich das Buch lesen durfte.