Rezension

Du wirst die Augen öffnen müssen...

Bird Box - Schließe deine Augen
von Josh Malerman

Bewertet mit 3 Sternen

Es beginnt kurz bevor Malorie bemerkt, dass sie schwanger ist. Mysteriöse Ereignisse aus allen Ecken der Welt, bei denen Menschen wohl einfach verrückt werden, sich und gegebenenfalls Mitmenschen scheinbar grundlos töten. Keiner hat eine genaue Erklärung. Irgendetwas ist da draußen, dessen bloßer Anblick Menschen den Verstand kostet. Und es kommt immer näher.

 

Mit „Bird Box“ ist Josh Malerman ein interessantes Erstlingswerk gelungen, das eine erfrischend andersartige Endzeit-Idee aufgreift: was wäre, wenn du deine Augen nicht öffnen darfst? Wenn nur ein Lidschlag zwischen Tageslicht oder dem sicheren Tod steht?

Die knapp 320 Seiten dieses Romans umfassen insgesamt 43 Kapitel, die dabei in unregelmäßigen Abständen die Zeitebene wechseln. In erster Linie macht sich der Leser zusammen mit Malorie und zwei 4jährigen Kindern auf die blinde Flucht in einem Ruderboot, während ein Großteil der Kapitel in der Vergangenheit spielt und erzählt, wie es überhaupt so weit gekommen ist. Diese Wechsel der Zeitebene sind dabei perfekt gesetzt und geben dem Leser stückchenweise neue Informationen und werfen gleichmäßig neue Fragen auf, wie sie andere beantworten.

Meiner Ansicht nach liegt die Stärke dieses Buches in der Atmosphäre, die der Autor geschaffen hat. Viele kurze Sätze und die nüchterne Art wie selbst schlimmste Szenarien dargestellt werden, tragen dazu bei, eine permanente Anspannung beim Leser aufrecht zu erhalten und ein absolut beklemmendes Gefühl bei ihm auszulösen. Hinzu kommt, dass ich die Ereignisse nur äußerst selten als vorhersehbar empfunden habe und dass zumindest bei mir dadurch über gut 300 Seiten hinweg die Neugierde um den Hintergrund dieser Katastrophe und Malories Schicksal geschürt wurde. Von der „Auflösung“ war ich am Ende zwar ein bisschen enttäuscht, weil ich mir insgesamt einfach mehr und bessere Erkärungen erhofft hatte, aber im Großen und Ganzen ist das Buch vom Anfang bis zum Ende seinem Stil treu geblieben und so in sich wohl stimmig.

Allerdings habe ich es gerade aufgrund dieser genialen Horror-Atmosphäre als sehr schade empfunden, dass die Charaktere und insbesondere Malorie selbst recht blass blieben. Ich konnte nur sehr schwer mit ihr mitfühlen und sympathisieren und auch die weiteren Figuren, die im Laufe der Geschichte auftauchen, wirken recht unausgereift. Bei einem Endzeit-Roman ist üblicherweise das Zusammenspiel von unterschiedlichen Charakteren in der Gruppe bei enormer psychischer Belastung eines der Kernelemente und gerade dieses wurde meiner Meinung nach bei „Bird Box“ nicht besonders gut umgesetzt. Viele Hintergünde wurden nicht oder für meinen Geschmack nur spärlich erklärt, so dass man viele Ereignisse einfach so als gegeben hinnehmen musste, ohne die Beweggründe richtig zu verstehen. Natürlich kann das auch genauso gewollt gewesen sein, damit die Handlung eben noch rätselhafter daherkommt, mir persönlich hat das so nur leider nicht besonders gut gefallen.

 

Fazit: ein Endzeit-Roman, der sich mal an einer ganz neuen Idee versucht, bei dem die genaue Umsetzung sowie die Vielschichtigkeit der Charaktere aber leider in einer dafür unglaublich gelungenen Horror-Atmosphäre auf der Strecke bleiben.