Rezension

Du wolltest es doch

Du wolltest es doch - Louise O'Neill

Du wolltest es doch
von Louise O'Neill

Bewertet mit 4.5 Sternen

Puh, Du wolltest es doch ist alles andere als leichte Kost. Der Titel und das Cover provozieren und machen neugierig. Die Geschichte hat mich wütend und auch traurig gemacht, aber ich bin sehr froh, dass ich sie gelesen habe.

Emma ist gerade 18 geworden und lebt in einem kleinen Dorf in Irland. Sie achtet sehr auf ihr Aussehen und auch auf das was sie macht, will sie doch vor allen wie die Perfekte Emma da stehen. In der Schule gute Noten, aber bloß nicht zugeben, dass sie dafür gelernt hat, wäre ja uncool. Vor den Freundinnen lieb und einfühlsam, auch wenn ihr egal ist, was diese bedrückt. Und vor den Jungs, ja vor denen möchte sie sexy sein, begehrenswert. Emma will wissen, dass sie sie haben könnte, wenn sie denn wollte. Ihr Selbstwertgefühl zieht sie daraus, was aber auch kein Wunder ist, redet ihre Mutter ihr doch immer ein, wie wichtig das perfekte Aussehen ist. Und ihr Vater behandelt sie wie eine Prinzessin, kein wunder, das Emma so Ich Bezogen ist.

Ihr merkt vermutlich schon, ich mochte Emma nicht, überhaupt nicht. Ich empfand sie als sehr unsympathisch und gerade dies, machte für mich auch einen Knackpunkt an der Geschichte aus. Wäre dies, was passiert ist, dem lieben und netten Mädchen von nebenan passiert, dann hätten die Menschen wohl anderes reagiert. Aber nein, es ist Emma passiert, die ein aktives Sexleben hat, gerne trinkt, kurze Röcke trägt und auch schon mal Drogen nimmt. Und so geben die Menschen Emma die Schuld, sagen "Du wolltest es doch".

Ich werde schon wieder wütend, wenn ich an die Geschichte und an die Menschen denke. Victim Blaming wird hier im ganz großen Stil betrieben. Denn um Emmas Mutter zu zitieren " Im Grunde sind das doch alles anständige Jungs. Die Geschichte ist irgendwie aus dem Ruder gelaufen". Auf einmal trägt Emma die Schuld, sie ist schuld daran, dass der eine keine Profikarriere bekommt, der andere vermutlich kein Stipendium und die Touristen wollten nach der negativen Medienpräsenz auch nicht mehr kommen. Es ist wirklich erschreckend. Aber so bleibt es im Gedächtnis, so spricht man darüber und so denkt man nach und reflektiert seine eigenen Ansichten und Denkweisen.

Aber woran ist Emma den nun schuld? Sie ist auf eine Party gegangen, hat getrunken und auch zu den Drogen nicht Nein gesagt. Ihr Kleid war kurz und der Ausschnitt tief. Sie ging mit einem Jungen mit aufs Zimmer, danach kamen noch andere dazu. Filmriss. Dann sieht sie Bilder auf Facebook, Bilder von sich, nackt, in eindeutigen und entwürdigenden Situationen / Positionen. Sie erinnert sich nicht. Will sich nicht erinnern. Sagt, sie habe sich nur bewusstlos gestellt, will nicht die Kontrolle abgeben, nicht zugeben, was es wirklich war. Eine Gruppenvergewaltigung.

An dieser Stelle eine Trigger-Warnung. Ich glaube, die Geschichte kann einige negative Gefühle hervorholen. Aber da das Thema so wichtig ist und hier auch auf eine oft so provokante weiße dargestellt ist, bietet es auch viel Stoff für Diskussionen und so eignet sich das Buch in meinen Augen auch gut als Schullektüre. Ich finde die Geschichte durchaus realistisch, was es noch trauriger macht. Das Ende, insbesondere die Eltern von Emma haben mich zwar extrem wütend und fassungslos gemacht, aber ich kann der Autorin nur recht geben, das Ende ist stimmig und passt zur Geschichte. Noch erwähnen möchte ich das tolle Nachwort von der Autorin, aber auch vom Verlag.

Einzig der Schreibstil hat mir nicht so gut gefallen. Emma wechselt in Gedanken immer wieder in die Vergangenheit und da bin ich beim Lesen manchmal verkommen und hatte Probleme.

Fazit:
Ein wichtiges Buch mit einem schweren Thema.
Mich hat die Geschichte von Emma bewegt und fassungslos wie auch wütend gemacht.
Das Buch regt zum Nachdenken und Diskutieren an, ich werde es bestimmt nicht so schnell vergessen.
Emotional, authentisch und tiefgründig.
Der Schreibstil hat mir das Lesen öfters erschwert.
4,5 Sterne