Rezension

Düster, depressiv und extrem atmosphärisch – aber auch mit ein paar Längen

... und morgen werde ich dich vermissen - Heine Bakkeid

... und morgen werde ich dich vermissen
von Heine Bakkeid

Bewertet mit 3 Sternen

Ein Thriller, der eher durch seine düstere Atmosphäre und ein tolles Setting besticht als durch seine Spannung.

Zum Inhalt:

Nach einem Selbstmordversuch und als gebrochener Mann wird der ehemalige Verhörspezialist Thorkild Aske aus dem Gefängnis entlassen und steht vor den Scherben seines Lebens. Sein Therapeut und einziger verbliebener Freund Ulf überredet ihn, einen privaten Auftrag anzunehmen, um im Leben wieder ein wenig Fuss zu fassen.  Auf einer unwirtlichen Insel hoch im Norden Norwegens ist ein junger Mann, Rasmus Moritzen, spurlos verschwunden und die Eltern wollen sich mit der offiziellen Erklärung eines Tauchunfalls nicht zufrieden geben. Doch vor Ort muss sich Thorkild nicht nur dem rätselhaften Verschwinden Moritzens und den brachialen Naturgewalten stellen, sondern auch seinen inneren Dämonen…

 

Meine Meinung:

Am Anfang der Geschichte nimmt sich der Autor erst einmal breiten Raum, um den Leser mit seinem Protagonisten Thorkild Aske vertraut zu machen. Unter den vielen „kaputten“ Ermittlern im internationalen Bücherdschungel gehört dieser Thorkild mit Sicherheit zu den Kaputtesten und so richtig „warm“ bin ich mit ihm leider bis zum Schluss nicht geworden (seine Verdauungsprobleme haben mich am Ende eher genervt).

 

Die Geschichte selbst baut zu Beginn die Spannung nur sehr langsam auf. Erst als Thorkild auf der einsamen, sturmumtosten Insel ankommt (ein super Setting!), schnellt der Spannungsbogen rapide nach oben – doch fällt er danach ebenso schnell wieder ab. Punktuell ergeben sich im Folgenden immer wieder spannende Passagen, aber für meinen Geschmack hat diese Geschichte auch einige Längen – Strecken, in denen einfach mehr hätte passieren dürfen. Erst im Finale war die Story an Spannung und Dramatik kaum noch zu überbieten. Am Ende setzt der Autor ein passiges Gesamtbild aus allen Puzzleteilen zusammen und liefert eine nachvollziehbare, an sich solide, aber eben auch nicht furiose Auflösung des Falls. Statt eines „wow“-Effekts hatte ich eher einen „ok“-Effekt.

 

Die Stärke dieses Buches liegt für mich daher weniger in der Grundstory, als viel mehr in der extrem dichten Atmosphäre, die stets einen latent depressiven und düsteren Grundton hat, sowie in der oftmals sehr bildlichen Beschreibung  der rohen und lebensfeindlichen Natur im Norden Norwegens. Sehr gelungen fand ich auch das gekonnte Spiel des Autors mit der  (oftmals durch Tablettenmissbrauch verzerrten) Wahrnehmung seines Protagonisten. Hier habe ich mich an mehr als einer Stelle gefragt, was nun Realität sein soll und was sich vielleicht nur in der Fantasie Thorkilds abspielt. So passt es auch sehr gut, dass dieser Thriller auch mit ein paar wohldosierten Mystery-Elementen gewürzt ist.

 

Last but not least hat mir der Schreibstil des Autors gefallen, der stets gut zur Story und zum sehr gelungenen Setting auf der sturmumtosten Insel passt. Oftmals beschreibt Bakkeid die Dinge dabei sehr bildlich (was nicht immer appetitlich ist) und fast schon poetisch. („…ich kann die tiefen Gräben im Mond sehen. Aus seinen Wunden rinnen silberne Flüsse und färben die Himmelskuppel in verschiedenen Metalltönen, an den Rändern dunklere, unregelmäßige Flecken, in der Mitte eher flammende Muster, die sich in spiralförmigen Milchstraßen ineinanderschlingen.“ - S. 250).

 

FAZIT:

Ein Thriller, der eher durch seine düstere Atmosphäre und ein tolles Setting besticht als durch seine Spannung.