Rezension

Düster, düster und nochmal düster

Brodecks Bericht - Manu Larcenet

Brodecks Bericht
von Manu Larcenet

Bewertet mit 4 Sternen

In „Brodecks Bericht“ adaptiert Manu Larcenet Philippe Claudels Romanbestseller um Fremdheit und menschliche Abgründe als stimmungsvolle Graphic Novel. Die Geschichte dreht sich um Brodeck, der unverhofft seine Zeit als Kriegsgefangener überlebt hat und nun wieder als Landvermesser in einem kleinen, abgelegenen Dorf arbeitet. Als er eines Abends in der Dorfschänke eintrifft und Zeuge des Mordes an einem Fremden wird, zieht er als einziger Unschuldiger das Misstrauen der Dorfbewohner auf sich.

Larcenet hat ein Buch geschaffen, in dem einem der bedrohliche und düstere Ton der Geschichte von jeder Seite entgegenspringt. Selbst die harmlose Zeichnung eines Vogels scheint Unheil zu verkünden. Gar nicht zu reden von den verschlossenen, grimmigen Gesichtern der Dorfbewohner!

Teils sehr dunkle, schwer zu erkennende Szenen aus Krieg und Dorf wechseln sich mit detaillierten, offenen Naturbildern ab, die einen regelrecht aufatmen lassen. Der Kontrast macht deutlich, wo Brodeck sich wohlfühlt. In der Natur ist er zu Hause, dem bösen Spiel seiner Dorfgemeinschaft misstraut er zu Recht.

Zwar fiel es mir schwer die Dorfbewohner – allesamt ältere Männer – auseinander zu halten, dafür sind Charaktere wie der Fremde oder die Soldaten einfach großartig getroffen. Die sichtbare Gutmütigkeit des Fremden und seine dezente Andersartigkeit sieht man auf jedem Panel. Die Soldaten haben genau die richtige Mischung aus beängstigend und entmenschlicht. Auch wenn sie unangenehm anzusehen sind: Die Darstellung ist einfach genial gelungen! Brodeck selbst wirkt aufrecht und sympathisch, wenn auch gezeichnet vom Krieg und den erlebten Gräueltaten seiner Gefangenschaft.

Etwas gestört hat mich der recht langwierige Einstieg. Alle wichtigen Erkenntnisse kommen erst geballt auf den letzten Seiten. Vorher zieht es sich teilweise. Auch wer sich mit Darstellungen von Krieg, Gewalt und Tod schwertut sollte aufpassen: Larcenets Darstellungen sind mitunter drastisch.

Insgesamt ist "Brodecks Bericht" eine bildgewaltige, stimmungsvolle Romanadaption mit gewissen Anlaufschwierigkeiten. Wer Larcenets Stil und düstere, psychologisch interessante Geschichten mag, wird hiermit sicher seine Freude haben.