Rezension

Düster, kreativ, einfach klasse!

Die Unheimlichen: Berenice - Lukas Jüliger, Edgar Allan Poe

Die Unheimlichen: Berenice
von Lukas Jüliger Edgar Allan Poe

Bewertet mit 5 Sternen

In der Serie „Die Unheimlichen“ interpretieren Comiczeichner klassische und moderne Schauergeschichten neu. Hier hat sich Lukas Jüliger, den ich schon durch seine Graphic Novel „Vakuum“ kannte, um Edgar Allen Poes Kurzgeschichte „Berenice“ gekümmert. Und ehrlich gesagt, habe ich das Büchlein – das ist wörtlich gemeint: Es ist die kleinste und dünnste Graphic Novel, die ich besitze – hauptsächlich wegen Jüligers Namen darauf gekauft. Ich finde seinen Zeichenstil einfach unglaublich schön. Seine Bilder könnte ich mir ewig anschauen. So Detailreich, angenehm weich und in einem gekonnten Maß realistisch. Und auch wenn man die kurze Geschichte locker an einem Nachmittag durchlesen kann, hatte ich das Buch danach noch fast täglich in der Hand, habe darin geblättert, geschaut und genossen.

Dieses Buch kann man übrigens auch wunderbar lesen, wenn man Poes Original nicht kennt. So war es auch bei mir der Fall. Aus Neugier habe ich mir Poes Berenice danach noch angeschaut und ich muss sagen, Jüliger hat sich sehr sehr weit vom Original entfernt - Und das ist ein Glücksfall! Statt in einem alten Herrenhaus, in dem es nichts weiter zu sehen gibt, verlegt Jüliger die Geschichte nach Japan, in die Szene der Otaku, in eine Onlinewelt mit Camgirls und Fankult. Auch stellt der den weiblichen Hauptcharakter viel mehr in den Fokus.

Nur Details erinnern an Poes Vorlage und trotzdem erschafft auch Jüliger eine düstere, unheilschwangere Stimmung. Da seine Szenerie aber näher an der Realität ist als Poes eher mystische Geschichte, hat es nochmal einen ganz anderen Gänsehautfaktor. Beide Geschichten zu vergleichen war total interessant und hat mich Jüligers Kreativität noch mehr schätzen lassen. Wie so oft kann ich nur kritisieren, dass ich gerne noch viele tiefer in die Geschichte eingetaucht wäre, mehr über die Otaku-Szene oder über den Hauptcharakter erfahren hätte. Allerdings hätte sich die Geschichte damit wohl zu weit vom Original entfernt.

Lukas Jüliger hat sich uneingeschränkt in mein Herz gezeichnet. Seine düsteren, kreativen, manchmal seltsamen Geschichten und sein wundervoller Zeichenstil machen ihn für mich zu einem der besten deutschen Comiczeichner. Ich warte gespannt auf mehr!

Kommentare

Emswashed kommentierte am 23. Februar 2019 um 18:56

Trotzdem wäre ein Vergleich mit Poes Berenice bestimmt lohnend.... mich hat es nach Moers Schrecksenmeister auch zu Gottfreid Kellers Spiegel, das Kätzchen getrieben.

Du machst mich neugierig!

katzenminze kommentierte am 23. Februar 2019 um 19:41

Jaa! Bei Moers ging es mir genauso! :) Und ich mag Keller auch super gerne.
Hier ist eigentlich nur das Ende ähnlich. Ich hoffe das spoilert jetzt noch niemanden...