Rezension

Düster und atmosphärisch

Mädchen aus dem Moor - S. K. Tremayne

Mädchen aus dem Moor
von S. K. Tremayne

Bewertet mit 4 Sternen

Kath Redway ist es gelungen, einen schweren Autounfall, bei dem ihr Wagen in den eiskalten See stürzte, zu überleben. Doch seit dem Unfall leidet sie an einer Amnesie, jegliche Erinnerung an die Woche vor dem Unfall ist verschwunden. Seitdem sie wieder zurück in ihr Haus im Dartmoor zurückgekehrt ist, verhalten sich ihr Mann Adam und ihre kleine Tochter Lyla seltsam. Wobei Lyla sich auch sonst seltsam verhält und man bei ihr eine Art Autismus vermutet. Dann lädt Adam ihre Schwägerin Tessa, die Psychologin ein, er bitte diese, Kath die Wahrheit zu sagen. Tessa erzählt Kath behutsam, was wirklich an dem Abend des Unfalls passiert ist und das es so aussieht, als hätte sich Kath das Leben nehmen wollen. Kath schwört, dass sie ihre kleine Tochter, die doch von ihr abhängig ist, niemals allein gelassen hätte. Sie versucht selbst herauszufinden, was in jener Nacht geschah, doch plötzlich passieren immer wieder unerklärliche Ereignisse.
Meine Meinung
Dieses düstere Cover macht mir schon die erste Gänsehaut und da ich bereits Eiskalte Schwestern von S.K. Tremayne verschlungen habe, war ich extrem neugierig auf seinen neuen Psychothriller.
Der Schreibstil des Autors ist direkt und schnörkellos und doch schafft er es sehr gut, eine drückende und düstere Atmosphäre zu erzeugen. Auch wenn gerade nicht viel passiert, hat man den Eindruck, man wird regelrecht aus dem Dunklen beobachtet. Insgesamt lässt sich der Thriller leicht lesen und die knapp 400 Seiten sind rasch verflogen.
Wie schon erwähnt, herrscht hier insgesamt eine düstere Atmosphäre. Immer wieder beschreibt S. K. Tremayne das Dartmoor und dessen besondere Orte, wie z. B. das Grab der Kitty Jay, einer Selbstmörderin die am Ende des 18. Jahrhunderts an einer Wegkreuzung beerdigt wurde. Ich habe einige der Orte selbst im Internet nachgeschlagen, so dass ich hier beim Lesen doch die ein oder andere Gänsehaut verspürte. Leider bleibt diese Atmosphäre nicht durchweg erhalten, trotzdem gibt es noch einige Momente, die gruseln lassen.
Alles in allem gibt es hier viele Momente, bei denen der Leser mitgrübeln kann, was wirklich mit der Protagonistin Kath passiert ist. So manches Mal gibt es Überraschungen, aber wo die Geschichte letzten Endes hinführte, konnte ich keineswegs vorausahnen. Dadurch, dass auch Kath jegliche Erinnerung fehlt, ist man beim Lesen genau so verwirrt wie die Protagonistin selber. Die Spannung bleibt hier eher unterschwellig, man möchte mehr erfahren, bekommt aber neben dem aktuellen Geschehen nur Bruchteile von dem, was zurückliegt.
Erzählt wird das ganze aus wechselnden Perspektiven, wobei Kaths Perspektive aus der Ich-Form, der Rest durch einen personellen Erzähler in dritter Person wiedergegeben wird. Dadurch bekommt man aber auch immer nur kleinere Bruchteil des Geschehens mit und hat keine Ahnung, worauf der Autor hier letzten Ende hinaus will.
Die Charaktere, allen voran Kath und auch ihre kleine Tochter Lyla, werden gut gezeichnet. Kath ist eine fürsorgliche Mutter, die wirklich alles für ihre Tochter geben würde. Gerade dadurch, dass Lyla eine autistische Spektrumsstörung hat, verstärkt Kath Beschützerinstikt dem Mädchen gegenüber. Auch sonst fand ich sie sympathisch und ich konnte mir, genau wie sie selber, nicht vorstellen, dass sie ihren Wagen aus freien Stücken in den See gelenkt haben sollte. Dagegen war mir Mann Adam eher suspekt, gerade seine Haltung gegenüber Kath fand ich erstaunlich. Zwar bekommt man nach und nach mit, warum er sich so verhält, so ganz konnte ich es allerding nicht nachvollziehen. Doch nicht nur Adam sorgte dafür, dass man ihn eher sekptisch beobachtete beim Lesen, auch weitere Charaktere, die im Dartmoor leben oder auch Kaths Bruder Dan haben ich eher misstrauisch im Augen behalten. Richtig gut gefallen hat mir die kleine Lyla und als Mutter hat sie auch in mir so manches Mal den Beschützerinstinkt wach gerufen. Manchmal war sie mir durchaus unheimlich mit ihren ganz besonderen Talenten, was hier aber perfekt zur gesamten Atmosphäre passt.
Mein Fazit
Düster, kalt und manchmal mit unheimlicher Atmosphäre erzählt Tremayne diese Geschichte, bei der ich bis zum Ende keine Ahnung hatte, was wirklich geschah. Gerade die Darstellungen aus dem Dartmoor mit all seinem Aberglauben und besonderen Orten fand ich gelungen. Aber ich hätte mir gewünscht, dass diese Gänsehautatmosphäre, die zwischendurch immer wieder aufkam, konstanter geblieben wäre. So war es zwar durchweg gut geschrieben, aber die Spannung nicht konstant. Dafür fand ich die Charaktere sehr gut gezeichnet und dargestellt, auch wenn ich mich bei Adam manchmal wunderte. Wer Bücher mit düsterer Atmosphäre mag, sollte hier einmal reinlesen.