Rezension

Düster und romantisch - ein echtes Highlight

Dark Canopy - Jennifer Benkau

Dark Canopy
von Jennifer Benkau

Bewertet mit 5 Sternen

"Dark Canopy" ist der Auftakt eines dystopischen Zweiteilers für junge Erwachsene von Jennifer Benkau, der mich von der ersten bis zur letzten der über 500 Seiten uneingeschränkt begeistert hat.

Inhalt: Großbritannien in der Zukunft. Die Percents, mittels Gentechnik erzeugte Soldaten, die ursprünglich geschaffen wurden, um für die Menschen im dritten Weltkrieg zu kämpfen, haben die Herrschaft übernommen. Die Menschen müssen in den Städten und ohne Sonnenlicht leben, denn nach den ersten Morgenstunden verdunkeln die Percents mit "Dark Canopy" den Himmel.
Einige Menschen lehnen sich gegen die Percents auf. Die Rebellen leben versteckt außerhalb der Städte in Clans und kämpfen dort mehr um das eigene Überleben als tatsächlich gegen die Percents. Eine dieser Rebellen ist die 19jährige Joy, deren bester Freund und gelegentlicher Liebhaber Matthial der Sohn des Clanchefs ist. Als ihre beste Freundin Amber von den Percents gefangen genommen wird, überredet Joy einige andere junge Clanmitglieder zu einer Befreiungsaktion. Als sie dabei jedoch selbst gefangen genommen wird und von dem jungen Percent Neél zum Soldaten ausgebildet wird, lernt sie die vermeintlich so gefühlskalten Krieger von einer ganz neuen Seite kennen...

Es fällt schwer für diese Rezension einen Anfang zu finden, denn eigentlich könnte man es ganz kurz sagen: "Dark Canopy" ist einfach atemberaubend gut, ein Juwel unter all den anderen Dystopien, die in der letzten Zeit den Buchmarkt ja regelrecht überschwämmen. In erster Linie sticht das Buch schon durch seine Reife heraus, denn es handelt sich tatsächlich weniger um ein Jugendbuch als viel mehr tatsächlich um ein Buch für junge Erwachsene und diesen kleinen, aber feinen Unterschied spürt der Leser schnell.

Die Protagonisten sind noch jung, aber erwachsen. Die Ich-Erzählerin Joy ist eine Kämpferin, die eigenständig und teilweise auch rücksichtslos und manipulativ ihr Leben lebt. Gerade zu Beginn fiel es mir schwer sie sympathisch zu finden, da sie sehr hart erscheint und auch nicht davor zurückschreckt ihren Körper zu verkaufen, um ihren Willen zu bekommen. Doch im Laufe der Geschichte wird deutlich, dass dieser Charakter einfach perfekt den äußeren Lebensumständen dieser Dystopie angepasst ist. Joy hat gelernt zu überleben - egal wie. Dabei hat die Protagonistin sich eine harte Schale geschaffen, die sie manchmal kalt erscheinen lässt, doch zwischendurch lässt die Autorin den Leser immer wieder die verletzliche junge Frau durchscheinen, die Joys weichen Kern ausmacht. Der Charakter bekommt dadurch sehr viel Tiefe mit verschiedensten Facetten, sodass schon die Ich-Erzählerin allein den Roman sehr lesenswert macht. Man kann mit ihr mitfiebern, kämpfen, leiden und sich verlieben, denn die Protagonistin wirkt in ihrer Welt sehr glaubwürdig und hebt sich angenehm von den naiven, hilfsbedürftigen Mädchen ähnlicher Romane ab.

Auch die anderen Charaktere haben mir allesamt sehr gut gefallen, allen voran natürlich der Percent Neél, der im Laufe des Romans eine große Entwicklung vollzieht und mit jeder neuen Eigenschaft, die er Joy offenbart, auch das Bild, das die Protagonistin zu Beginn von den Percents hatte, immer weiter verändert. Mithilfe von Neél lernt Joy neue Seiten an den Herrschern ihrer Welt kennen und Neél beginnt sich in ihren Augen zu wandeln, vom desinteressierten, gefühlskalten und brutalen Ausbilder zum liebenswerten, attraktiven jungen Mann. Die Beziehung der beiden ist sehr schwierig, ein ständiges Auf- und Ab, aber sie ist vor allem sehr romantisch, glaubhaft und gefühlvoll, sodass dieses Buch mit einer wundervoll herzerwärmenden und mitreißenden Liebesgschichte punktet, in der man sich als Leserin vollkommen verlieren kann.

Der Schreibstil der Autorin ist sehr gut, sowohl auf der beschreibenden, wie auch auf der emotionalen Ebene. Sie schafft es, die düstere Atmosphäre des Buches ebenso in den Kopf des Lesers zu übermitteln, wie die gefühlvolle Liebesgeschichte. Der Roman ist mit wechselnden Perspektiven aufgebaut. Joy, die Ich-Erzählerin, wird immer wieder unterbrochen von Passagen ihres besten Freundes Matthial, die aus der dritten Person erzählt werden und dem Leser die Möglichkeit geben, weiterhin zu erfahren, was außerhalb von Joys eingeschränkter Welt in Gefangenschaft abläuft. Sie machen den Roman abwechslungsreich und Matthial ist als Charakter auch ebenso lesenswert wie Joy, da auch er mit einer großen Entwicklung und einigen Ecken und Kanten überzeugen kann.
Die Geschichte an sich ist durchgehend spannend und arbeitet auf einen fesselnden Höhepunkt hin, der in einem wirklich atemberaubenden Ende gipfelt. Am liebsten hätte ich das nächste Buch gleich zur Hand genommen, wäre es doch nur schon erschienen, denn der Cliffhanger am Ende ist kaum zu ertragen - man muss einfach wissen, wie es weitergehen wird.

Fazit: Eine der besten Dystopien, die ich jemals gelesen habe und ohne jeden Zweifel All-Age-geeignet, da es im Vergleich ohnehin schon recht erwachsen daherkommt. Großartige Charaktere fesseln ebenso wie die spannende Handlung und die wunderbar gefühlvolle, Kitsch-freie Liebesgeschichte. Traumhaft. 5 Sterne