Rezension

Durch dieses Buch wurde ich Pazifistin

Krieg dem Kriege - Ernst Friedrich

Krieg dem Kriege
von Ernst Friedrich

Bewertet mit 5 Sternen

Als Tochter eines Bibliothekar-Ehepaars hatte ich schon früh Zugang zu Literatur, die nicht immer kindgerecht war. So fiel mir im Grundschulalter auch dieses Buch in die Hände. Es ließ mich nicht mehr los. Nun zum Jahrestag des Kriegsbeginns musste ich das Buch noch einmal hervorholen und bin immer noch so geschockt, berührt, wütend, frustriert, traurig und unglücklich wie damals. Ernst Friedrichs "Krieg dem Kriege" ist für mich ein Sinnbild für die Unsinnigkeit des Krieges - und leider in der heutigen Zeit immer noch brandaktuell. Damals war es ein Weltkrieg,heute gibt es immer noch auf der ganzen Welt vollkommen unsinnige Kriege.

Nun aber zur Sache: "Krieg dem Kriege" kam 1924 erstmals heraus. Das aktuell erhältliche Exemplar entspricht bis auf ein Vorwort und Hinweisen zum Autor noch der 90 Jahre alten Originalausgabe. Es ist im Grunde eine Sammlung von Fotos, die die Grausamkeiten des Krieges besser verdeutlichen als 1000 Worte. Die Fotos wurden vor 100 Jahren gemacht, entsprechend darf an deren Qualität nicht gemäkelt werden. Jedes Foto hat einen kleinen Erläuterungstext in vier Sprachen.

Trotz der wenigen Worte wird die Intention des Autors schnell klar: Die jungen Männer zogen mit lautem "Hurra!" in den Krieg, meldeten sich schon am ersten Tag freiwillig, fielen im Felde oder kamen verstümmelt wieder. Die Kriegskrüppel waren in der Gesellschaft nicht gerne gesehen, machten sie doch deutlich, welche Gefahren im Krieg lauern und wie wenig das Ganze mit Heldentum zu tun hat. Besonders die psychisch geschädigten Soldaten und die "Männer ohne Gesicht" wurden nur zu gerne ausgeblendet. Wer dieses Buch gelesen hat, wird besonders die Fotos der Soldaten, denen das gesamte Gesicht weggefetzt wurde, nie mehr vergessen. Sie sind schockierend und anklagend zugleich. So geht es mir auch 40 Jahre nach der ersten Begegnung mit dem Buch und so wird es mir auch in 40 Jahren noch gehen. Diese Männer sollten glücklich sein, weil sie den Krieg überlebt haben. Oder wünschten sie sich jeden Tag, lieber ehrenhaft gefallen als unehrenhaft aus der Gesellschaft verbannt worden zu sein?

Hier setzt das Denken des Lesers im Jahr 2014 an: Traurig, dass sich die Einstellung zu Kriegsinvaliden immer noch nicht vollständig geändert hat. Zwar können die körperlich verletzten Soldaten heutiger Kriege besser versorgt werden, Dank der Entwicklung der plastischen Chirurgie, aber wie geht man in den aktuellen Armeen der angeblich so fortschrittlichen Länder der NATO mit Soldaten um, die psychisch zu Schaden gekommen sind?