Rezension

Durchaus interessant, aber für meinen Geschmack hätte es ruhig spannender sein dürfen

Zu nah - Olivia Kiernan

Zu nah
von Olivia Kiernan

Bewertet mit 4 Sternen

Die angesehene Wissenschaftlerin und Dozentin Eleanor Costello wird erhängt aufgefunden. Zunächst geht man von einem Suizid aus, doch dann deutet alles darauf hin, dass Fremdeinwirkung im Spiel war. Detective Frankie Sheehan von der Dubliner Polizei nimmt mit ihrem Team die Ermittlungen auf. Ihr Vorgesetzter hofft darauf, dass Frankie wieder vollkommen einsatzfähig ist, denn ihr letzter Fall hätte sie beinahe das Leben gekostet. Doch Frankie verbeißt sich regelrecht in ihren neuen Fall und als eine zweite Frauenleiche gefunden wird, führen Spuren ins Darknet. Sucht der Täter bereits nach einem neuen Opfer? Ein Wettlauf gegen die Zeit beginnt...

 

"Zu nah" ist das Thriller-Debüt der Autorin Olivia Kiernan und damit der erste Fall für Frankie Sheehan und ihr Team. Am Anfang hat man allerdings das Gefühl, dass einem Hintergrundinformationen zur Ermittlerin fehlen und dass es vielleicht schon einen vorherigen Band gegeben haben könnte. Das ist allerdings nicht der Fall. Im Verlauf der Handlung werden die fehlenden Puzzlestücke aus Frankie Sheehans Vergangenheit allerdings zusammengetragen, sodass sich das Gefühl, dass man bereits etwas verpasst hat, legt. 

 

Durch die scheinbar fehlenden Hintergrundinformationen verläuft der Einstieg in die Handlung zunächst etwas schleppend. Dennoch ist der Fall von Anfang an interessant, sodass man neugierig die Ermittlungen und die Charaktere beobachtet. Nach einer kurzen Eingewöhnungszeit nimmt die Handlung deutlich an Fahrt auf. Man tappt, gemeinsam mit den Ermittlern, lange Zeit im Dunkeln und kann die Verbindung zwischen den Morden vorerst nicht ziehen. Es gibt immer neue Spuren, doch nichts ist so, wie es zunächst scheint. Dadurch wird das Interesse durchgehend gehalten. Die Handlung ist durchaus spannend, allerdings kommt keine Hochspannung auf. Das ändert sich leider auch nicht im dramatischen Finale, das zwar interessant und anfangs auch spannend erzählt wird, dann allerdings, vor dem Erreichen von Nervenkitzel und Hochspannung, bereits schlüssig beendet wird. 

 

Der Schreibstil ist flüssig und angenehm lesbar. Man kann sich die beschriebenen Szenen durchaus vorstellen, allerdings gerät Dublin, als Handlungsort, dabei völlig in Vergessenheit. Denn beim Lesen hat man das Gefühl, dass die Handlung sich an einem beliebigen Ort zutragen könnte. Die Charaktere wirken anfangs recht blass und farblos. Die Hauptprotagonistin Frankie Sheehan macht es einem zunächst nicht leicht, Sympathien für sie zu entwickeln. Das ändert sich leider auch erst recht spät. Im Vergleich zu ihr, wirken die anderen Akteure auch eher wie beliebig austauschbare Statisten, da man sie nur schwer einschätzen kann und eher distanziert wahrnimmt. 

 

Das klingt jetzt negativer, als gewollt. Denn, trotz der beschriebenen Schwächen, habe ich mich beim Lesen sehr gut unterhalten. Denn ich habe den Fall durchgehend interessiert verfolgt und mich einige Male in die Irre leiten lassen. Durch den flüssigen Schreibstil habe ich das Buch auch innerhalb kurzer Zeit durchgelesen und wurde dabei mit einem recht spannenden Leseerlebnis belohnt. Auch wenn keine Hochspannung aufkam, bin ich durchaus zufrieden und würde auf jeden Fall weitere Ermittlungen mit Frankie Sheehan verfolgen. Auf meiner persönlichen Bewertungsskala vergebe ich vier von fünf Sternchen. Das eine ziehe ich ab, da ich mir von einem Thriller etwas mehr Spannung erhofft hatte.