Rezension

Durchhaltevermögen wird belohnt!

Das verbotene Eden - David und Juna - Thomas Thiemeyer

Das verbotene Eden - David und Juna
von Thomas Thiemeyer

*Worum geht's?*
Im Jahre 2015 sollte ein neuer Heilstoff die gesamte Menschheit schützen, doch stattdessen brachte er großes Unheil über sie - denn in ihm verbarg sich ein Virus, das in den Geimpften einen unbändigen Hass auf das andere Geschlecht auslöste. Nun, 65 Jahre später, ist ein Zusammenleben der Geschlechter undenkbar geworden. Männer und Frauen leben getrennt voneinander: die Frauen in naturbezogenen Gemeinden, die Männer in Klöstern mit Zugang zu Waffen, Benzin und Fahrzeugen. Nach einem Überfall der "Teufel" auf eine Kolonie der Frauen, planen die "Hexen" eine Racheaktion und entführen zwei der Männer, um geheime Informationen aus ihnen herauszufoltern. Ein großer Krieg droht. Juna, eine hoch angesehene Kämpferin der Frauen, war Teil dieser Mission und David, ein junger, gelehrter Mönch, ist eines der beiden Opfer. Normalerweise sollten sie sich hassen, doch auf unerklärliche Weise fühlen sie sich zueinander hingezogen. Und stellen damit nicht nur ihre eigenen, sondern die Lebensweisen aller völlig auf den Kopf...

*Kaufgrund:*
Als großer Fan von Dystopien kam ich auch nicht um Thomas Thiemeyers neuen Roman herum. Eine Zukunft, in der Frauen und Männer getrennt voneinander leben? Eigentlich unvorstellbar...

*Meine Meinung:*
Bevor ich näher auf die Handlung eingehe, möchte ich eines betonen: Durchhalten lohnt sich! Wer die Geduld besitzt, sich durch einen zähen, aber sinnvollen Anfang zu kämpfen, wird mit einer ganz besonderen Dystopie belohnt werden!

"Das verbotene Eden: David und Juna" ist in drei Abschnitte unterteilt, die mit einem Brief oder einer Aufzeichnung aus der "Vergangenheit" beginnen (für uns ist das Jahr 2015 schließlich immernoch die Zukunft!). Diese Schriften aus vergangenen Tagen geben Hinweise auf die Thematik des jeweiligen Romanteils, ohne dabei zu viel zu verraten oder dem Leser die Spannung zu nehmen.

"Der erste Eindruck zählt!" - leider ist der erste Abschnitt des Romans kein Paradebeispiel dafür, wie man Leser an ein Buch fesselt. Thiemeyer nutzt den ersten Teil, um die Lebensumstände seiner Dystopie genauer zu erläutern: Wie ist es dazu gekommen, dass Männer und Frauen sich bis aufs Blut bekriegen? Wie konnte die Menschheit auf diese Weise überleben? Im Jahre 2080 gibt es weder eine Wasser- noch eine Stromversorgung, die Wissenschaft hat sich extrem zurückentwickelt, die medizinischen Mittel werden knapp und die Religion ist der einzige Halt. Als Leser wird man buchstäblich von Informationen erdrückt, während die eigentliche Handlung auf der Strecke bleibt. Mir persönlich hat es gut gefallen, so genau über die Lebensumstände aufgeklärt zu werden. Spannungsliebhaber werden sich durch das zähe erste Drittel des Romans allerdings quälen müssen.

Im zweiten Teil nimmt die Handlung rasant an Fahrt auf. Die Differenzen zwischen den Geschlechtern werden immer stärker; ein Krieg droht, der die Existenz der Menschheit gefährdet. Nun kommt es endlich zur ersten Begegnung zwischen den Protagonisten Juna und David. Thiemeyer konzentriert sich nun auf die entstehende Beziehung zwischen den beiden. Sanft und feinfühlig beschreibt er, wie die beiden sich näher kommen und verbotene Gefühle für einander entwickeln. Doch diese Gefühle werfen noch mehr Fragen auf... Schnulzig wird es hierbei allerdings nie. Die Liebesgeschichte steht zwar im Mittelpunkt der Handlung, die Schilderungen der romantischen Gefühle allerdings nicht! Lovestory-Fans kommen hier nicht ganz auf ihre Kosten.

Im letzten Drittel des Buches kommt es dann zum großen Showdown. Die verstrickte Geschichte über die Entwicklungen und Beziehungen der verschiedenen Charaktere wird Seite für Seite aufgelöst und sorgt mit einigen Wendungen für große Überraschungen! Obwohl die grundlegende Handlung abgeschlossen ist, bleibt das Ende von "Das verbotene Eden: David und Juna" für viele Figuren sehr offen. Wenn das kein Zeichen für eine Fortsetzung ist!

Thiemeyer dreht in seinem Roman den Spieß um. Diesmal ist nicht der junge Mann der Krieger und das Mädchen die Gelehrte, wie es die klischeehafte Liebesgeschichte oft verlangt, sondern andersherum! David ist ein zurückhaltender Mönch, der die Gesellschaft von Büchern der von Menschen vorzieht. Juna dagegen ist eine aufbrausende und selbstbewusste Kämpferin, die sich für ihre Prinzipien einsetzt. Zwischen den beiden gilt "Gegensätze ziehen sich an" - und das funktioniert! Juna und David sind ein eindrucksvolles Protagonistenpaar, bei dem die Chemie einfach stimmt.

Es fällt mir unheimlich schwer, die Nebencharaktere im Gesamten zu bewerten. Im Großen und Ganzen sind sie genau das, was sie sein sollen. Allesamt individuell, facettenreich, einzigartig und auf seine eigene Art so besonders, dass man unbedingt mehr von ihnen wissen will - und genau hier liegt das Problem. Während Figuren wie Junas Mutter, Davids bester Freund Amon oder der Inquisitor näher beleuchtet werden und überzeugen können, bleiben andere interessante Figuren wie Junas Freundin Gwen oder die selbstbewusste Edana für meinen Geschmack zu oberflächlich. Ich hoffe sehr, dass sie in einer Fortsetzung größere Rollen bekommen werden.

Shakespeares "Romeo und Julia", Davids Lieblingsbuch und in seiner Zeit ein verbotenes dazu, spielt eine entscheidende Rolle in "Das verbotene Eden: David und Juna" und treibt die Handlung oftmals maßgeblich voran. Dieser Aspekt hat mir ausgesprochen gut gefallen! Dem Autor ist es durch ausdrucksstarke Zitate und geschichtliche Parallelen gelungen, eine Verbindung zwischen Vergangenheit und Zukunft zu schaffen, die dem Roman einen ganz speziellen Charme gibt. So vergänglich alles auch sein mag, so schwierig die Umstände auch sein mögen - es wird immer einen Funken Liebe auf der Welt geben.

Ein tolles Extra zwischen den Buchdeckeln ist die Landkarte der Umgebung, durch die David und Juna in der Geschichte reisen. Den Lesern wird es so viel leichter fallen, sich einen Eindruck von der Gegend machen zu können.

*Cover:*
Es ist dank der Personenbeschreibungen im Buch mehr als deutlich, dass das Pärchen Juna und David darstellen soll. Abermals wird dem Leser so die Möglichkeit genommen, sich ohne Vorurteile ein eigenes Bild der Hauptcharaktere machen zu können. Schade, dass der "Gesichter auf dem Cover"-Trend, wenn auch nicht so auffallend wie auf anderen Covern, fortgesetzt wird. Nichtsdestotrotz ist es ein ansehnliches Coverbild, das sicherlich einige Blicke auf sich ziehen wird.

*Fazit:*
"Das verbotene Eden: David und Juna" ist eine Dystopie der etwas anderen Art - und diese Art überzeugt auf ganzer Linie! Nach einem mühsamen Start entwickelt sich dieser Roman zu einer mitreißenden und beeindruckenden Zukunftsvorstellung, die man so noch nie gelesen hat. Beeindruckende Charaktere runden die Geschichte ab. Ich vergebe 4 Sterne.