Rezension

Durchweg spannend - wenn nur die letzten 60 Seiten nicht wären

Liebes Kind - Romy Hausmann

Liebes Kind
von Romy Hausmann

Bewertet mit 4 Sternen

Seit 14 Jahren ist Lena verschwunden ohne dass es ein Lebenszeichen von ihr gibt. Dann findet man nach einem Autounfall eine schwer verletzte Frau, neben ihr ein kleines Mädchen, das behauptet, die Frau wäre ihre Mutter und heisse Lena. Nach und nach stellt sich heraus, dass Beide gefangengehalten wurden in einem Haus mitten im Wald, offenbar jahrelang. Doch ist die Frau tatsächlich die vermisste Lena?
Die Geschichte entwickelt sich nur zögerlich aus den Erinnerungen zweier Hauptfiguren, Lena und der kleinen Hannah, was der Spannung jedoch keinen Abbruch tut. Während die vermeintliche Lena voller Emotionen die beängstigte Atmosphäre und ihre Demütigungen schildert, sind Hannahs Erinnerungen völlig sachlich und scheinbar gefühllos. Doch vermutlich ist es genau dieser extreme Gegensatz, der das Ganze so eindringlich wirken lässt. Ich mochte mir kaum vorstellen, was dieses kleine Mädchen erlebt haben musste, um sich so zu äussern wie sie es tut.
Der dritte Protagonist ist Lenas Vater, der nie über den Verlust seiner Tochter hingekommen ist und nun all seinen Frust und Ärger an der Polizei auslässt ('Alles Deppen ausser mir' oder so ähnlich ;-)). Mir war das stellenweise wirklich zuviel, wie er seiner Wut ungebremst freien Lauf lässt und nicht nur im übertragenen Sinn wild um sich schlägt.
Ansonsten gibt es nicht allzu viel Action wie beispielsweise Mord und Totschlag bis auf die letzten 60 Seiten; dennoch läuft das Kopfkino auf Hochtouren. Ich habe die mehr als 400 Seiten in gerade einmal zwei Tagen durchgelesen, weil ich das Buch nur schwer aus der Hand legen konnte. Hätte es dann noch diesen übertrieben dramatischen Showdown nicht gegeben, würde ich diesen Thriller bedenkenlos Allen nahe legen, die dieses Genre lieben. So bleibt es bei einer Empfehlung mit Einschränkung.