Rezension

East of West

Wie viel von diesen Hügeln ist Gold
von C. Pam Zhang

Was, im Wilden Westen gab es Tiger? Und auch Chinesen? Davon hat man doch noch nie gehört. Genau das ist auch der Punkt. C Pam Zhang macht sichtbar, was bisher in Romanen und Filmen, die im Wilden Westen der USA verortet sind, kaum Beachtung gefunden hat. Hier darf kaum etwas zur Handlung verraten werden, da die Spannung des Buches zu großen Teilen aus den (falschen) Erwartungen der Lesenden hervorgeht. Ein verwaistes Geschwisterpaar macht sich auf den Weg, eine passende Ruhestätte für den verstorbenen Vater, der Goldgräber war, zu finden. Das Besondere sind hier nicht nur die kindlichen Protagonisten in diesem Setting, sondern auch deren ethnische Zugehörigkeit. Sie sehen nämlich asiatisch aus und bekommen dadurch den Stempel des "Exotischen" im Westen der USA Mitte des 19. Jahrhunderts.

Dieser Roman ist dermaßen facettenreich sowohl in seiner unerwarteten Handlung als auch dem Schreibstil, dass es eine Freude ist, diesem literarischen Talent C Pam Zhang beim Entwerfen einer bisher zu wenig beleuchteten Welt zuzusehen. Spannung entsteht hier nicht in einem klassichen Bogen, sondern eher aus Rückblicken und stilistischen Kniffen heraus. Nicht zuletzt schafft es die Autorin immer wieder, den Lesenden den Spiegel der eigenen Voreingenommenheit vorzuhalten. Sie lässt ihre Leser*innen immer wieder in Denkfallen tappen, die dem Erkenntnisgewinn beim Lesen dadurch nur Vorschub leisten. Toll! Mit einer poetischen aber auch durchaus brutalen Sprache vermittelt die Autorin einen Eindruck von sowohl der Schönheit der Natur und auch der Grausamkeit deren Zerstörung. Hier kann man sich auf nichts verlassen, alles ist möglich. Der Clou an der Geschichte ist letztendlich das Setting der Landschaft des US-amerikanischen Westens mit den vielen Glückssuchern und unglücklich Vertriebenen wie z. B. den native americans.

Abschließend kann ich sagen, dies ist ein Buch, wie ich es so noch nie gelesen habe. Selbst wenn man aufgrund des Klappentextes glaubt, eine Vorstellung davon zu haben, um was es in diesem Buch geht, wird man doch in jedem Kapitel aufs Neue überrascht. Meines Erachtens ein augenöffnendes - übrigens grandios von Eva Regul übersetztes - Leseerlebnis!