Rezension

Effekthascherei

Das Verschwinden der Stephanie Mailer, 3 MP3-CDs - Joël Dicker

Das Verschwinden der Stephanie Mailer, 3 MP3-CDs
von Joël Dicker

Bewertet mit 2 Sternen

Die Geschichte der Baltimores hat mir gut gefallen, deshalb dachte ich, dieses Buch muss ein sicherer Tipp sein, habe es aber ehrlich gesagt nur geschafft, diesem Werk bis zum Schluss zu lauschen, weil ich bei mehreren langen Autofahrten keine Alternativen am Start hatte. 

Das Thema ist einfach: Neue Hinweise veranlassen ein Ermittlerteam der Polizei einen 20 Jahre alten Mordfall wieder aufzurollen, der 1994 am Premierenabend des sagenhaften Theaterfestivals im beschaulichen Badeort Orphea stattfand. Und auch jetzt steht wieder der Premierentermin bevor. Einige Mitstreiter der alten Inszenierung sind wieder dabei. Der ehemalige Polizeichef ist jetzt Regisseur, ein verkanntes Genie, und behauptet, den damaligen Mörder in seinem neuen Stück bekannt zu geben. Skandalös! 

Dieses Buch ist episch, aber wenig fesselnd. Es ist wirklich erstaunlich, wie man es schaffen kann, einen Haufen Personal an den Start zu schicken, ohne dass auch nur ein einziger Protagonist glaubwürdig, sympathisch oder lebendig wird. Man grast hier Stereotypen ab, setzt sie in ein künstlerisches Umfeld und baut drauf, dass das das Geschehen hinlänglich prickelnd wirken lässt. Allerdings irritiert das Theatersetting durch und durch. 
Es geht um das jährliche Theaterfestival einer Kleinstadt, das mit Laien bestritten wird, das hier aber behandelt wird als wären es Filmfestspiele in Cannes, die Journalisten und Publikum landesweit anziehen und jedem teilnehmenden Schauspieler große Berühmtheit verschaffen. Noch nicht einmal in Amerika kann Laienspiel so ein Echo auslösen, da hat man ein Klischee zum Märchensettig erhoben.

Der Fall selbst gibt Rätsel auf, ja, ich habe aber unterwegs gründlich das Interesse daran verloren. Der Autor treibt es auf die Spitze, den Leser hinzuhalten mit unnötigen Hintergrundinformationen zu absolut jedem Protagonisten, damals und heute. Der Gipfel der Unverschämtheit kommt dann gegen Ende, wenn es auf den Showdown zusteuert und tatsächlich mal was passiert. An dieser Stelle geht der Autor dazu über, die Vergangenheit der Ermittler lang und breit zu beleuchten. Durchsichtiger kann man Hinhaltetaktik nicht anbringen.

Dieses Buch hat mich erst gelangweilt und dann verärgert. Als ich darüber hinaus war, konnte ich mich über die Unverfrorenheit amüsieren, mit der ein Autor versucht, Effekte zu haschen. Joël Dicker werde ich von meiner Leseliste streichen. 

Kommentare

wandagreen kommentierte am 15. Mai 2019 um 23:05

Auauauauauaua.