Rezension

Ehefrau. Mutter. Harpyie.

Die Harpyie
von Megan Hunter

Bewertet mit 5 Sternen

Drei Mal soll die gedemütigte Ehefrau Rache üben dürfen, damit die Schuld seiner Affäre getilgt ist.

Als Lucy erfährt, dass ihr Ehemann Jake sie mit einer Arbeitskollegin betrügt, berstet ihre Welt. Sie ist wütend und nicht bereit sich in die Position der gedemütigten Ehefrau drängen zu lassen. Lucy, für die Mann und Familie stets erste Priorität hatten, findet keine Worte für den Treuebruch. Auch Jake gelingt keine Aussprache. Sie versuchen auf ungewöhnliche Art, die Dinge in Ordnung zu bringen: Jake bietet Lucy an, dass sie ihn zum Ausgleich ebenfalls verletzen darf. Drei Mal soll sie ihm wehtun dürfen, damit seine Schuld abgegolten ist, doch er wird nicht wissen wann und wie sie ihn verletzt.
Lucy, die schon immer fasziniert war von der Harpyie, identifiziert sich während der folgenden Zeit mehr und mehr mit der mythologischen Figur. Der innere Monolog, dem das Buch folgt, deutet an, dass Lucy nach Lukes Affäre mehr an als nur die Beziehung zu ihm infrage stellt. Ihre behagliche Normalität scheint unwiderruflich zerstört.
Unwillkürlich stellt Lucy nicht nur ihre Rolle als Frau, sondern auch ihre Rolle als Mutter infrage. Mehr und mehr scheint sie damit ihr Lebensfundament unter den Füßen zu verlieren.

Es ist kein besonders dickes Buch, aber gerade das lässt einen staunen wie viel psychologisches Porträt Megan Hunter auf überschaubare 230 Seiten zeichnet. Es ist kein leichtest Buch für zwischendurch, aber wenn man sich dafür entscheidet, lässt es einen bis zum Ende (und vielleicht darüber hinaus) nicht mehr los.