Rezension

Eher historischer Kriminalfall als Thriller

Der Mann im Park - Pontus Ljunghill

Der Mann im Park
von Pontus Ljunghill

Bewertet mit 4 Sternen

Kommissar John Stierna geht im Jahr 1953 vorzeitig in Pension. Körperlich von einer Schussverletzung gezeichnet, hat der schwedische Ermittler nicht verwunden, dass ihm und seinem Team ein Täter entkommen konnte, der 1928 ein kleines Mädchen ermordet hatte. 1928 trug ein schwedischer Polizist noch Pickelhaube und Säbel. Der Besitz eines Autos oder eines Telefonanschluss war damals nicht selbstverständlich. Die Ermittlungsarbeiten wirken sorgfältig recherchiert und aus der heutigen Sicht erstaunlich modern. Spuren und Indizien werden gesichert, Täterskizzen gezeichnet, Schriftproben untersucht und mit immensem Aufwand von Tür zu Tür mögliche Augenzeugen befragt. Dass der Täter trotz dieser umfangreichen Fahndung nicht verhaftet werden konnte, ist vom Beginn der Handlung an klar; denn sonst würde Stierna sich nicht kurz vor der Verjährung des Mordes mit den Ermittlungsakten von damals auf die herbstliche Insel Gotland zurückziehen. Dem gemächlichen Erzähltempo, mit dem das Psychogramm eines Polizeikommissars am Ende seiner aktiven Karriere gezeichnet wird, bin ich über die gesamte Länge des Buches gern gefolgt. Zu den Gedanken des Täters haben nur die Leser Zugang, für Stierna und sein Team bleibt der Mann aus dem Park durch seine Unscheinbarkeit unsichtbar. Er kann noch in dem Moment spurlos von der Bildfläche verschwinden, als die Ermittler schon die Hand nach ihm ausstrecken.

Unter der unpassenden Bezeichnung Thriller zeichnet Pontus Ljunghill das Schicksal eines Ermittlers auf, der durch sein berufliches Versagen auch als Privatperson geprägt wurde. Die Atmosphäre im Schweden der 20er Jahre und eine Generation später in den 50ern vermittelt Ljunghill in ruhigem, melancholischem Ton. Am unterschiedlichen Wissensstand in Kriminaltechnik in den beiden Epochen interessiert, hätte für mich diese Differenz z. B. in einem informativen Nachwort deutlicher herausgearbeitet werden können.