Rezension

Eher historischer Roman als Krimi

Alchimie einer Mordnacht - Benjamin Black

Alchimie einer Mordnacht
von Benjamin Black

Bewertet mit 4 Sternen

„...Natürlich sollte eine Zeit kommen, da ich gezwungen sein würde, reumütig zuzugeben, dass sie klug waren, wo ich dumm war, denn hätte ich aufmerksamer darauf geachtet, was vor sich ging […], ich hätte mir eine Menge Schwierigkeiten und Kummer erspart....“

 

Christian Stern ist gerade in Prag angekommen, als er eine tote junge Frau findet. Er begibt sich zur Festung, um die Wächter zu bewegen, ihn zur Toten zu begleiten. Die aber erschrecken, denn die Tote ist die Tochter der kaiserlichen Arztes Dr. Kroll und außerdem die neueste Mätresse des Kaisers. Felix Wenzel lässt Christian als möglichen Täter verhaften. Nach der Intervention von Philipp Lang kommt er frei. Er erhält sogar vom Kaiser den Auftrag, den Mörder zu finden.

Der Autor hat eine imposanten Zeitgemälde vom Leben am Hofe Kaiser Rudolfs geschrieben. Die Krimihandlung geht dabei aber fast unter.

Der Autor verwendet einen gehobenen Schriftstil. Er lässt Christian Stein sein Erleben selbst erzählen. Das Eingangszitat fällt nach der ersten Begegnung mit wichtigen Männern am Hofe.

Das Buch zeichnet sich durch eine sehr detaillierte Beschreibung von Personen und Orten aus. Kaiser Rudolf erscheint als eine widersprüchliche Persönlichkeit. Er verleiht schnell sein Gunst, lässt aber Menschen genauso schnell fallen. Christian lernt seine exotische Sammlung kennen. Von Alchimie und Astrologie lässt sich der Kaiser begeistern und verführen. Die folgenden Sätze stammen aus einem Gespräch,dass der Kaiser mit Christian führt:

 

„...Wir haben weder in Menschen noch in Gott auch nur das geringste Vertrauen. Die Welt besteht nur aus Schlechtigkeit und Narretei, und Himmel und Hölle sind nichts als eine Lüge, um uns zu beruhigen oder uns Angst einzujagen...“

 

Es gibt weitere Gespräche zwischen beiden, die vor allem ein Schlaglicht auf den Charakter des Kaisers und seine Lebenseinstellungen werfen. Christian selbst hat sich von der Alchimie verabschiedet und beschäftigt sich mit Naturphilosophie.

Am Hofe lernt er Kepler kennen. Dabei spürt er auch die Spannungen, die zwischen diesen und Brahe bestehen. Kepler ist sehr scharfzüngig. Er weiß um seine Fähigkeiten und ist gewillt, seine Ziele zu erreichen. Der Dialog von Stern und Kepler unterscheidet sich schon durch seine Tiefe von den eher oberflächlichen Gesprächen mit dem Kaiser.

Es braucht Zeit, bis Christian die Verhältnisse am Hof durchschaut. Freund und Feind auseinanderzuhalten ist schwierig, ja fast unmöglich, denn die Beziehungen sind nicht statisch. Jeder versucht, Christian für seine Zwecke einzuspannen. Die Frauen machen dabei keine Ausnahme. Die Moral am kaiserlichen Hof ist eher als leicht zu bezeichnen. Kepler warnt ihn deutlich:

 

„...Mein Freund, glaubt Ihr denn, an diesem Hof gibt es irgendwelche Geheimnisse?...“

 

Bei des Kaisers Geliebten klingt das so:

 

„...Das Leben am Hof, wie Ihr es nennt, ist der Unsittlichkeit recht förderlich. Sie ist alles, was wir haben, um den Überdruss abzuwenden, die Monotonie, die Langeweile des Ganzen hier...“

 

Bei all den Aktivitäten bleibt Christian kaum Zeit, sich um den Mord zu kümmern. Sein erster Verdächtiger wird alsbald schon als Leiche gefunden. Dadurch ist das Buch für mich auch eher ein historischer Roman als ein Krimi. Zwar werden die Morde am Ende aufgeklärt, aber ohne irgendwelche relevanten Ermittlungen.

Ein informativer Anhang trennt Realität von Fiktion.

Die Anzahl der Sterne erhält das Buch vor allem wegen seines ausgereiften Schriftstils.