Rezension

Ehrliche und berührende Biografie

Das Versprechen - Nadine Ahr

Das Versprechen
von Nadine Ahr

Bewertet mit 5 Sternen

So endet eine große Liebe

„Mein Großvater war der Mann, der sich an sein Wort hielt. Weil er glaubte, dass ein Mann sich an das halten muss, was er sagt. Weil es sich so gehörte. Nur einmal hat er es nicht getan. Ein einziges Mal nur hat er sein Wort gebrochen. Verziehen hat er sich das nie.“

Inhalt

Edwin und Ria haben ein bewegtes Leben hinter sich, denn obwohl sie sich schon als Jugendliche liebten, haben sie jeweils aus ihren Verpflichtungen heraus andere Partner geheiratet. Erst im Alter von 50 Jahren sind sie wirklich frei füreinander und beschließen fortan immer zusammenzubleiben. Edwin verspricht seiner Ria, sie nun nicht mehr gehen zu lassen und hält sich 39 weitere Lebensjahre daran. Doch hochbetagt, wie die beiden sind, müssen sie sich neuen Herausforderungen stellen. Denn während Rias Welt auf Grund ihrer zunehmenden Demenz immer unbeständiger wird, muss sich Edwin eingestehen, dass er ein enges Zusammenleben mit Ria nicht mehr erträgt, dass er nicht mehr Teil ihrer Erinnerungen ist, sondern ein Fremder, mit dem sie nichts mehr verbindet. Und so sieht er sich gezwungen, sein Versprechen zu brechen, um zu bewahren was einmal war …

Meinung

Erzählt wird dieser biografische Roman von der Enkeltochter des Paares, die beide Großeltern sehr mochte und gerade mit ihrem Opa, der nicht einmal ihr leiblicher war, engen Kontakt pflegte. Die Lebens- und Liebesgeschichte des Paares beeindruckt die junge Autorin und sie beschließt ihren Großeltern ein Denkmal zu setzen, indem sie deren Weg beschreibt, durch Höhen und Tiefen, ein gemeinsames Leben in Ruhe und Einverständnis aber auch die Last, die ihnen am Ende abverlangt wird, als einer der beiden einsehen muss, dass er den anderen verloren hat, an eine Krankheit, aus der es kein Entrinnen gibt und an eine Gegenwart, in der es keine Vergangenheit mehr gibt.

Der Untertitel „Eine Geschichte von Liebe und Vergessen“ trifft es ziemlich gut, denn es gelingt Nadine Ahr aus einer persönlichen Sicht und dennoch mit dem entsprechenden Abstand das Leben von Edwin und Ria lebendig werden zu lassen. Dazu schreibt sie einmal in Rückblenden, die das vergangene Glück beschreiben, gefolgt von Gegenwartssituationen, die alle Kräfte einfordern bis hin zu zukünftigen Überlegungen, die sie selbst aus ihren Erfahrungen zieht. Geprägt ist die Erzählung vor allem durch Warmherzigkeit und ein tiefes Verständnis. Immer wieder entsteht der Eindruck, wie besonders die Menschen, über die sie schreibt, waren und was ihren Charakter ausgemacht hat. Und gleichzeitig zieht sich der Aspekt der Trauer wie ein rotes Band durch die 192 Seiten des Buches. Der Respekt vor dem Leben, der Glaube an die Verantwortlichkeit für Mitmenschen und die eigenen Schuldgefühle kommen immer wieder zur Sprache und obwohl es in keiner Weise eine Entschuldigung für Unterlassungen oder kleine Notlügen ist, zeigt sich dennoch die Fehlbarkeit der Menschen, selbst wenn sie lieben und leiden bis zu ihrem Tod.

Fazit

Ich vergebe 5 Lesesterne für diesen tieftraurigen und doch hoffnungsschenkenden Roman, der mich betroffen macht und ähnlich wie die Autorin selbst zum Nachdenken anregt über die Frage, wann es an der Zeit ist, die große Liebe ziehen zu lassen, ob die Zeit überhaupt kommen wird und wie elementar die Konsequenzen aus den entsprechenden Handlungen auch für die nächste und übernächste Generation sein können. Und obwohl Nadine Ahr selbst zu dem Schluss kommt, dass die Erinnerungen längst nicht das einzige Paradies sind, aus dem man verdrängt werden kann, so ist es ihr doch gelungen eine wunderbare Geschichte über die Liebe  zu schreiben und ihren verstorbenen Großeltern auf sehr schöne Art und Weise nahezubleiben, in dem sie erzählt, wie es sein kann, wenn Liebe nicht vergeht sondern vergessen wird.