Rezension

Ein Alligator auf großer Reise

Albert muss nach Hause
von Homer Hickam

Bewertet mit 2.5 Sternen

Homer möchte nicht länger mit dem Alligator Albert seiner Frau Elsie unter einem Dach wohnen. Also muss er nach Florida gebracht werden - das ist aber eine ganz schön weite Strecke. Was tut man doch nicht alles, um seine Frau glücklich zu machen.

 An sich, grob zusammengefasst, war die Story schon gut. Homer will seiner Frau zuliebe den Alligator nach Hause nach Florida bringen und so erleben die zwei Menschen, der grunzende Alligator und ein komischer Hahn auf ihrer Reise einige Abenteuer. Wenn man aber genauer hinguckt, dann ist die Story zwar immer noch gut, aber sie hat viel zu viele Ecken und Kanten.

Ich fange mal bei Elsie an. Eine junge Frau, die von ihrer großen Liebe zur Hochzeit mit einem Mann, den sie gegen ihren Willen geheiratet hat, einen Alligator geschenkt bekommen hat. Und diesen umsorgt wie ein Baby. Elsie ist nicht nur äußerst naiv (keiner kann mir erzählen, dass er - selbst in den´30er Jahren - jemanden geheiratet hat, der zufällig ein Päckchen Tabak in der Hosentasche hatte, als er den Antrag gemacht hat, und das auch nur, weil jemand anders diesen klugen Rat gegeben hat. Ich lasse mich da aber auch gerne eines besseren belehren.), sondern auch sehr distanziert. Ich habe beim Lesen mehr und mehr das Gefühl bekommen, dass sie Homer eigentlich hasst. Ja, sie liebt ihn nicht nur nicht, sondern sie mag ihn gar nicht. Warum ist sie immer so gemein zu ihm? Warum denkt sie so schlecht über ihn? Ich konnte sie nicht ausstehen. Aber sie ist natürlich bildhübsch, und jeder Mann, den sie trifft, möchte sie küssen / heiraten / man füge beliebiges ein. Und sie ist so klug! Beim ersten Mal habe ich ihre zugegeben einfältige Äußerung mehrmals gelesen, vielleicht hatte ich es nicht verstanden? Aber es blieb einfach eine alles andere als kluge Bemerkung. Bis zum Schluss habe ich gehofft, dass Homer genug von ihr hat und sie einfach mal einen Dämpfer bekommt. Aber die undankbare Elsie hat immer alles bekommen, was sie wollte (bis auf ein Mal, und Schadenfreude ist die schönste Freude, das kann ich euch sagen.).

Dann wäre da noch Homer, der eigentlich schon intelligent ist, aber irgendwie dann auch nicht. Warum lässt er sich von Elsie so unterdrücken? Stimmt, er liebt sie. Über alles. Und will sie nicht verlieren. Dieses Weichei. Sie meckert und nörgelt, und der dumme Homer nimmt alles auf sich. Des Öfteren fragt er sich, warum er es Elsie nicht recht machen kann, und findet nur eine Antwort: Sie hat ihr Herz jemand anderem geschenkt und liebt nur diesen. Homer ist ihr ziemlich egal. Und warum hat er sie dann nicht auch in Florida gelassen? Ich hätte es ihm geraten. Stattdessen nimmt er sie wieder mit, zum tausendundeinsten Mal der festen Überzeugung, dass er sie nun doch glücklich machen kann. Er lernt einfach nicht aus seinen Fehlern. Aber er sieht gut aus, das macht alles wett.

Dann wäre da noch Albert, der Alligator, der genügsam, fröhlich, glücklich und traurig grunzen kann und der Elsie auch liebt. Geht ja gar nicht anders. Und ein Hahn, der kommt und geht wie es ihm beliebt. Albert war mir der sympathischste Charakter in der Geschichte.

Was mich am meisten gestört hat war, dass Elsie und Homer in allem Naturtalente waren. Auf jedem Abschnitt treffen sie Menschen, die Pläne haben und umsetzen, die Hilfe brauchen und so weiter. Die beiden treffen einen Schriftsteller – so ein Zufall, dass Elsie auch schreibt. Sie treffen streikende Arbeiter – so ein Zufall, dass Elsie sich damit auskennt. Sie treffen einen Baseball-Coach – Mensch, unser Homer, so ein Talent hat die Welt noch nicht gesehen! Und Elsie, die sich innerhalb von einigen Wochen das selbst aneignet, wofür andere jahrelang eine Ausbildung machen. Auch wenn es eine Geschichte ist, und das ist sie ganz sicher, alles ist so konstruiert und vorhersehbar. Eigentlich sehr schade.

Auch wenn sich die Story gut lesen lässt, dank des Schreibstils, spreche ich keine Leseempfehlung aus.