Rezension

Ein ambitioniertes Romandebut

Milchzähne - Helene Bukowski

Milchzähne
von Helene Bukowski

Hoffnung auf ein neues Leben jenseits des Meeres hält Skalde in Bewegung. Die Wartezeit bis zur Flucht nutzt sie, indem sie einen Bericht über ihr bisheriges Leben schreibt: „Mithilfe der Notizen will ich das, was passiert ist, in die richtige Reihenfolge bringen. Ich werde erzählen, wie ich es erlebt habe, denn es soll meine Geschichte sein.“

Bruchstückhafte Erinnerungen an Kindheitstage geben das Aufwachsen Skaldes bei ihrer Mutter wieder. Sie gehen über in die Schilderung, wie sich ihr Verhältnis zu anderen Bewohnern ihrer Umgebung gestaltet und sich mit dem Älterwerden ihre Beziehung zur Mutter verändert, bis sie schließlich die Verantwortung für ein kleines Mädchen übernimmt, das allein und fremd durch die Gegend irrt. Über allem schwebt eine überaus bedrohliche Atmosphäre; ein zunehmend lebensfeindliches Klima schürt Angst und Egoismus der Menschen, es herrscht eine bedrückende, abergläubische Stimmung.

Die Erzählung erweist sich als so fragmentarisch wie Skaldes Notizzettel und ihre Erinnerungen. Vieles erscheint vage und diffus, doch zugleich schafft es Bukowski mit ihrem prägnanten Schreibstil, dass der Leser deutlich Landschaft und Menschen vor Augen hat. Ihre ehrliche, zuweilen drastische Ausdruckweise gibt einen unverstellten Einblick in die Gedanken- und Gefühlswelt des Mädchens Skalde. Es sind mehrere Themen, die Helene Bukowski in ihrem Debutroman verarbeitet: da gibt es zum einen Beziehungsprobleme, zwischen Mutter und Tochter, aber auch innerhalb einer kleinen Dorfgemeinschaft; zum anderen die Angst und Ablehnung vor allen Fremden und Andersartigen und deren Ausgrenzung; ein Klimawandel und erschwerte Lebensbedingungen … und natürlich die Bedeutung, die Skalde den im Titel erwähnten Milchzähnen zumisst. Auf Zeit- und Ortdetails verzichtet die Autorin bewusst und überlässt es ihren Lesern zu spekulieren und den Roman für sich selbst zu interpretieren.