Rezension

Ein amerikanischer (Alb-) Traum

Eine amerikanische Familie - Lionel Shriver

Eine amerikanische Familie
von Lionel Shriver

Bewertet mit 4 Sternen

Gebundene Ausgabe: 487 Seiten

Verlag: Piper (12. Januar 2018)

ISBN-13: 978-3492058216

Originaltitel: The Mandibles

Preis: 24,00€

auch als E-Book erhältlich

 

Ein amerikanischer (Alb-) Traum

 

Inhalt:

New York, 2029. Die US-amerikanische Wirtschaft ist am Boden. Die Inflation ist enorm, Wasser und Lebensmittel sind knapp. Florence schlägt sich mit ihrem dreizehnjährigen Sohn Willing und ihrem Lebensgefährten Esteban mehr schlecht als recht durch. Doch ihren reichen Verwandten ergeht es noch schlimmer, und bald stehen sie alle vor ihrer Tür, bis sie auch dieses Dach über dem Kopf verlieren. Ausgerechnet der jugendliche Willing beweist den meisten Weitblick und sichert das Überleben der Familie. Er führt den Exodus aufs Land an zu seinem Onkel Jarred, wo die Familie Zuflucht sucht.

 

Meine Meinung:

Lionel Shrivers Vision eines zukünftigen Amerikas ist wirklich beeindruckend und vielleicht gar nicht so weit hergeholt. Die Folgen der Globalisierung und des Nationalismus könnten durchaus so aussehen. Sehr schön wurde hier der amerikanische Traum, dass jeder durch harte Arbeit und Einfallsreichtum etwas erreichen kann, eingearbeitet, wenn es auch zwischendurch immer wieder eher wie ein Albtraum anmutet. 

 

Ich fand vor allem die verschiedenen Charaktere spannend, die sich die Autorin ausgedacht hat. Florence, die in einem Obdachlosenheim arbeitet und mit ihrem kärglichen Leben ganz gut zurechtkommt. Willing, der von kleinauf nichts anderes kennt, als sich einzuschränken. Den Gegensatz zu Florence’ kleiner Familie bildet die Familie ihrer Schwester Avery, die schon immer gutsituiert war, mit dem Verlust ihres Vermögens aber kaum umgehen kann und Schwierigkeiten hat, sich den neuen Begebenheiten anzupassen.

 

Auch der pater familias, der Großvater von Florence und Avery, Douglas Mandible, genannt der Tolle Große Mann - TGM -, spielt eine raffinierte Rolle, ebenso wie Florence’ Tante Nollie, eine alternde Schriftstellerin, die es aber faustdick hinter den Ohren hat und sich vor allem mit Willing gut versteht. Die beiden sind ein tolles Team, das sich nicht unterkriegen lässt. 

 

So führt uns Shriver durch die harten frühen 2030er Jahre, um schließlich einen Sprung nach 2047 zu machen. Die verbliebenen Mitglieder der Familie Mandible machen sich erneut auf die Reise in eine bessere Zukunft.

 

Die Geschichte mit ihren urigen Figuren hat mich inhaltlich sehr begeistert, der Erzählstil leider weniger. Lionel Shriver erzählt zum Teil recht trocken mit viel Theorie und wenig aktiver Handlung. Das zieht sich manchmal schon unangenehm in die Länge. Hin und wieder blitzt aber auch etwas Ironie und Sarkasmus auf und lockert das Ganze wieder auf. Insgesamt hat mir der Roman doch recht gut gefallen.

 

★★★★☆

 

Ich bedanke mich ganz herzlich beim Piper Verlag, der mir freundlicherweise im Rahmen einer Testleseaktion auf literaturschock.de ein Rezensionsexemplar zukommen ließ.