Rezension

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ein anspruchsvolles Sachbuch, das nichts zum "Lesen für zwischendurch" ist

Die Liebe Gottes - John F. MacArthur

Die Liebe Gottes
von John F. MacArthur

Bewertet mit 3 Sternen

"Ein richtiges Verständnis von Gott schafft die Grundlage für alles, was für ein gesundes geistliches Leben absolut notwendig ist. Auf der anderen Seite gilt: Wer eine beträchtlich gestörte Vorstellung von Gott hat, bei dem ist echter Glaube völlig unmöglich. /.../ Das ist die eigentliche Gefahr des heutigen Missverständnisses von Gottes Liebe. Obwohl sich die Bibel so klar über Gottes Liebe ausdrückt, stecken Millionen in geistlicher Finsternis, weil sie eine völlig unausgewogene Vorstellung von Gott haben. Sie wollen einen Gott, der liebevoll, aber nicht zornig ist."  

 

 

Gottes Liebe ist ein großes Thema, das immer wieder schwierige Fragen aufwirft: Liebt Gott alle Menschen (gleich)? Liebt er auch die Sünder? Und falls ja, ist das gerecht? Und warum lässt ein liebender Gott soviel Leid und Unglück zu? Mit diesen Fragen beschäftige ich mich auch, und so war ich gespannt, was John MacArthur in seinem Buch "Die Liebe Gottes - Einblicke in Gottes unergründliches Wesen und Handeln" dazu schreiben würde. 

Ich hatte auf ein "ausgewogenes, tiefgründiges Verständnis" von Gottes Liebe gehofft, so wie es auf dem Buchrücken auch angekündigt wird, war dann aber erstaunt und auch ein bisschen erschrocken als mich im ersten Drittel des Buches etwas scheinbar anderes erwartete. Das der Autor die weltliche Liebe nicht sonderlich tiefgründig findet, sei im im Hinblick auf einen Vergleich mit der göttlichen Liebe erlaubt. Das echte Liebe (die er von der natürlichen Liebe ganz klar abgrenzt) aber kein blindes Gefühl, sondern ein wohlüberlegter, bewusster Entschluss ist, war für mich schon fragwürdig. Geht es hier um Gottes Liebe zu den Menschen oder um unsere Liebe zu Gott? Oder um beides? Ich war verwirrt. Auch dieses Schüren von Angst vor Gottes Rache (als eine der Extrempositionen) habe ich an einigen Stellen sehr bewusst (als Meinung des Autors) gespürt. Zum Beispiel auf Seite 87 als er schreibt: "Niemand sollte sich in dem Wissen, dass Gott liebevoll und gnädig ist, in Sorglosigkeit einlullen." Das ist wirklich sehr subjektiv. Aber ich empfand seine Wortwahl sehr persönlich angreifend gegenüber dem Leser. Das dann noch tiefe Gräben aufgezeigt (oder gezogen) wurden zwischen den liberalen Theologen und denen, die am alten Testament festhalten, machte mich noch unschlüssiger und ärgerte mich auch ein bisschen. Zum Beispiel die Wortwahl "betonen UNSERE Widersacher" erweckte für mich den Anschein als bezieht der Autor schon zu Beginn klar Position. Aber genau DAS wollte ich nicht lesen, sondern einen kritischen, ausgewogenen Bericht, der sich an die Bibel hält und Gemeinsamkeiten und Unterschiede sachlich beleuchtet. Ehrlich gesagt, hätte ich hier gern aufgehört zu lesen und das Buch weggelegt. 

 

Zum Glück habe ich das nicht getan. Denn in den folgenden 2/3 des Buches macht der Autor genau das, was ich mir erwartet oder erhofft hatte. Er spricht offen über die verschiedenen Aspekte der Liebe Gottes, über ihre Missverständnisse und zeigt, dass Liebe und Zorn (bezogen auf die zwei extremen Sichtweisen) nicht zwangsläufig unvereinbar sind, auch wenn es auf den ersten Blick so erscheinen mag. In diesem Zusammenhang haben mir die Ausführungen zur Geschichte von Ninive, der Hauptstadt der Sünde sehr gut gefallen.  

Auch wenn ich nicht mit jedem Argument von John MacArthur mitgehen kann, verstehe ich seine Sichtweise jetzt besser und befürworte seine Herangehensweise, bei der er empfiehlt, den Kern des Gedanken zu erfassen und sich nicht zu Sepkulationen hinreißen zu lassen. Vor allem, dass wir lernen auch mit unbeantworteteten Fragen zu leben und das wir aufpassen müssen uns bei schwierigen Fragen nicht zu einem unangemessenen Denken über Gott verleiten zu lassen, finde ich sehr wichtig. 

 

Das Buch wurde als Taschenbuch 2012 in seiner dritten Auflage im Betanien-Verlag veröffentlicht. Das Cover wirkt unaufgeregt und spricht mich an. Was mir weniger gut gefällt ist die wechselnde grün - blaue Farbwahl im Untertitel. 

Das Buch ist in acht Kapitel auf 237 Seiten aufgeteilt, wobei die letzten 60 Seiten vier Anhänge (Auszüge aus Predigten), Anmerkungen und einen Bibelstellen- und Themenindex beinhalten.  

 

 

Fazit: 

Ein lesenswertes, anspruchsvolles Sachbuch, dass dem Leser viel abverlangt, vor allem aber Unvoreingenommenheit und ein geduldiges Abwarten bis zum Schluss des Buches, um einige seiner, für mich kontroversen Aussagen besser einordnen zu können.