Rezension

Ein atemberaubendes, nervenzerfetzendes Finale!

Palace of Fire - Die Kriegerin
von C. E. Bernard

Bewertet mit 5 Sternen

Die beiden ersten Teile von C. E. Bernards Debütreihe haben mir gut gefallen - ganz besonders angetan war ich von dem einzigartigen Setting, dieser ganz anderen Zukunftsvision und der Idee, die hinter den Magdalenen und der Angst vor Berührung steckt. Trotzdem hat mir bisher das gewisse Etwas zum Lieblingsbuch gefehlt - vor allem die Liebesgeschichte konnte bei mir gar nicht punkten und Robin ging mir in Band 2 etwas auf den Geist. Ich hatte dann die leise Befürchtung, dass C. E. Bernard es vielleicht nicht schaffen könnte, die Innovation und Brisanz des ersten Bandes (beides habe ich in Teil 2 ein bisschen vermisst) in "Palace of Fire" wiederaufzugreifen. PUSTEKUCHEN. Was für ein grandioses, spektakuläres, nervenzerfetzendes Finale! Innerhalb der Trilogie ist es C. E. Bernard tatsächlich gelungen, einen Spannungsbogen aufzubauen, der in Teil 1 schon steil nach oben geht, in "Palace of Silk" minimal ansteigt und dann im Finale derartig in die Höhe schießt, dass ich beim Lesen stellenweise gar nicht wusste, wo mir der Kopf steht. Wahnsinn, einfach Wahnsinn.

 

Es ist mir tatsächlich bisher nur sehr selten passiert, dass mich ein Reihenabschluss derart vom Hocker reißen konnte und dass er vor allem die Vorgängerbände noch übertrifft (ich denke da an "Harry Potter", sonst fällt mir allerdings nicht viel ein). Genau deswegen hat es mich auch so wahnsinnig überrascht, dass "Palace of Fire" mich auf jeder einzelnen (!) Seite mitgerissen und gepackt hat, dass ich zu keinem Zeitpunkt sicher sagen konnte, wie die Geschichte enden wird. Und dass die Geschehnisse auf derart rasante Art und Weise explodiert sind - nicht erst auf den letzten Seiten, sondern wirklich von Beginn an. Setting: Ein noch düstereres London mit dem grausamen Weißen König als skrupellosem Regenten an der Spitze. Handlung: Unvorhersehbar, rasant und mit genau der richtigen Tiefe. Charaktere: Komplex und vor allem überraschend. Hier stimmte für mich einfach alles. Natürlich will ich euch aber auch noch im Detail verraten, warum "Palace of Fire" mich so umgehauen hat:

 

"Palace of Fire" wirkte auf mich weitaus brutaler, expliziter und brisanter als die ersten beiden Bände. Das Grauen der Hetzjagd auf die Magdalenen wird viel realer, greifbarer und echter. Vieles von dem, was in London mit den Magdalenen geschieht, hat mich an die Judenverfolgung im Dritten Reich erinnert (sicher kommt das nicht von ungefähr). C. E. Bernard geht hier bis ins grausamste Detail - sie lässt die Korrektiven, in denen Magdalenen zu unvorstellbar schrecklichen Bedingungen eingepfercht werden, vor dem geistigen Auge auferstehen. Und das tut weh. Ebenso wie die Spuren, die die jahrzehntelange Unterdrückung dieser Minderheit bei den Menschen hinterlassen hat. Und dieses unterschwellige Sehnen nach Berührung und das Gefühl, etwas Verbotenes zu tun, wenn man sich auch nur ansatzweise zu nahe kommt. Und tatsächlich hat all das zumindest in meinen Augen auch etwas mit unserer heutigen Gesellschaft zu tun: Natürlich ist "Palace of Fire" in erster Linie eine Fantasygeschichte, für mich aber symbolisieren die Verfolgung der Magdalenen und das Berührungsverbot, die regelrechte Angst vor Berührung, vielerlei Dinge. Vor allem unsere Angst davor, immer transparenter zu werden (nicht durch Gedankenlesen, aber durch die sozialen Medien und das Internet allgemein - was ab einem gewissen Punkt irgendwie dasselbe ist). Und die Entfremdung voneinander, das Fixieren auf uns selbst, das Wegsehen und das nicht-mehr-füreinander-Einstehen, das unsere Gesellschaft mehr und mehr dominiert. Vielleicht interpretiere ich in Reas Geschichte zu viel rein, aber für mich steht sie für so viele Dinge und allein das beeindruckt mich zutiefst. 

 

Robin! Ich mag Robin, ich bin ihm komplett verfallen und finde ihn großartig. Wie ist das passiert? In Band 2 ging er mir noch ziemlich auf die Nerven und ich hätte ihm zu gern die ein oder andere Ohrfeige verpasst. Aber ich hatte das Gefühl, dass er in "Palace of Fire" mehr Raum bekommen hat, um sich zu entfalten. Er ist nicht mehr nur der Kronprinz, sondern er reagiert auf das, was um ihn herum passiert, er beginnt, selbstständig zu denken, und lässt sich weder von seinem Vater noch von Rea beeinflussen. Er entwickelt sich zu einem starken, selbstbewussten Charakter mit eigenen Prinzipien - und das wirkt auf mich unheimlich sexy. Was zur Folge hatte, dass mich die Lovestory schließlich doch noch gecatcht hat. Und zwar volle Kanone. Ich habe angefangen, mit Rea und Robin mitzufiebern, habe bei jedem Konflikt gebangt und vor allem nägelkauend verfolgt, wie ihre Romanze immer intensiver, atemberaubender und (ja, auch das) gefährlicher wurde. Großartig fand ich auch, dass C. E. Bernard den ein oder anderen neuen Charakter ins Spiel bringt, der die ganze Sache noch spannender macht - ich verrate nichts, aber macht euch auf jeden Fall auf Überraschungen gefasst.

 

Generell hat mich bei "Palace of Fire" einiges überrascht - Robins Charakterentwicklung, aber auch Rea, die die meiste Zeit über irgendwie zerrissen und unschlüssig wirkt. Was mir im Kontext richtig gut gefallen hat. Auch die Einblicke in ihr Seelenleben beziehungsweise ihren Geist fand ich schlichtweg grandios - C. E. Bernard bedient sich hier wieder ihrer unglaublich bildhaften Sprache und schafft Identitäten, die über das, was wir unter einem Charakter verstehen, weit hinausgehen. Vieles wirkt konfus, aber auch fesselnd, faszinierend, düster und einfach magisch. "Palace of Fire" erzählt uns noch mehr über das Wesen der Magdalenen, lässt uns noch tiefer eintauchen in diese unheimlich interessante, aber auch erschreckende Welt. Dabei jagt ein Hähepunkt den nächsten, sodass man kaum zu Atem kommt. Wie gesagt, ich kam kaum dazu, mir ein mögliches Ende auszumalen, da war ich schon wieder im nächsten Szenario gefangen. Und wenn eine Geschichte mich derart beschäftigt und fordert - dann ist das einfach das Beste, was passieren kann. 

 

Zusammenfassend kann ich also sagen: Ich liebe den gut durchdachten Plot, die rasante Handlung, die explosionsartig auftauchenden Twists, die noch vielschichtigeren Charaktere und auch die kraftvollen Wahrheiten, die C. E. Bernard in ihre Geschichte packt. Am Ende war ich entsetzt, fasziniert, mega aufgeputscht und super traurig darüber, dass es vorbei war. Und nach diesem ebenso sensationellen und passenden wie aber auch ein bisschen frustrierenden Ende will ich mehr. Mehr, mehr, mehr!

Mein Fazit
Rea plagt die Hautgier - ich habe nach dem dritten Band mit der "Palace of Fire"-Gier zu kämpfen. Ich will mehr lesen, mehr erleben, mehr sehen. Auch wenn C. E. Bernard die Geschichte um Rea und Robin zu einem fulminanten Ende bringt, das mich auf ganzer Linie überzeugt und mich unglaublich mitgenommen hat, will ich einfach nicht aufhören. Es kann einfach nicht zu Ende sein! Ich bin restlos begeistert - was für ein wahnsinns Reihenabschluss. Unglaublich!