Rezension

Ein aufwühlendes Leseerlebnis, beeindruckend authentisch, emotional und sehr sensibel mit einem Hauch von Poesie erzählt

Als die Tage ihr Licht verloren - Stephanie von Hayek

Als die Tage ihr Licht verloren
von Stephanie von Hayek

Bewertet mit 5 Sternen

In aller Heimlichkeit

Berlin 1940 

Linda und Gitte, zwei Töchter einer liberalen, gutbürgerlichen Berliner Familie, genießen ihre Jugend. Gitte, die ältere , die als Sekretärin im Reichsinnenministerium arbeitet, hofft darauf , später als Juristin Karriere zu machen.  Linda, eine ungestüme und fröhliche Träumerin, ist immer auf der Suche nach dem Sinn des Lebens. Sie schlägt lieber den künstlerischen Weg ein und lernt durch einen Zufall den sensiblen Schuhmacher Erich kennen . Sofort erkennen die beiden ihre Seelenverwandtschaft , verlieben sich Hals über Kopf  ineinander und heiraten schnell . Für Linda und Erich ist es die Liebe ihres Lebens. Doch ihr Glück währt nicht allzu lange , schon kurze Zeit später muss Erich wie viele andere Männer , für das Vaterland in den Krieg ziehen und kämpfen . Als Erichs Nachrichten von der Front ausbleiben und sein Schicksal ungewiss ist, ist Linda untröstlich. Ohne ihn hat ihr Leben seinen Sinn verloren . 

**Position1404** 
<< “Sind sie bei Dir, meine Augen? Ich hab sie mir aus dem Kopf geweint. Jetzt sind dort zwei dunkle Höhlen. In der einen wohnt die Verzweiflung, in der anderen die Leere.” >> 
  
Linda fällt in tiefe Melancholie – gefährlich in einer Zeit, in der psychische Krankheiten zum Todesurteil werden können. 

**Gedicht am Anfang des Romans** 

“Nichts für ein einzelnes Leben wirklich Veränderndes geschieht ohne die Zuneigung zweier Menschen zueinander. 
Nichts beginnt ohne Liebe. 
Wir neigen dazu, diesen Umstand zu vergessen, 
doch nur das unumstößliche Vertrauen, das ein Mensch dem anderen entgegenbringt, kann dem nahekommen, was wir unser Wesen heißen, und liegt nicht in dessen Entfaltung der Sinn unseres ganzen Daseins? 
Was aber passiert mit uns, wenn die große Liebe geht, wenn Schweigen und Stille an die Stelle von Gespräch und körperlicher Vereinigung treten? 
Mit wem sollen wir fortan sprechen, wir Wesen der Sprache? 
* Edith Sundström* 

Was für ein aufwühlendes Leseerlebnis ! 
Stephanie von Hayeck ist mit ihrem Roman 
“Als die Tage ihr Licht verloren” ein sensationelles Debüt gelungen . 
Anhand der zwei Schwestern Linda und Gitte , erzählt die Autorin ihren Lesern von einer Familie , die sich in den dunklen Jahren der NS Herrschaft nie einer Partei oder sonstiger Gesinnung angeschlossen hatte und sich plötzlich mitten in der “Tarnorganisation T4” wiederfindet . Auf Hitlers Befehl hin ,wird in aller Heimlichkeit der “deutsche Volkskörper” durch die Euthanasie bereinigt. 
Das was sich bei “Nicht Wissen” so harmlos anhört und zum Teil auch noch verharmlosend “Gnadentod” genannt wurde , war damals für Millionen von Menschen mit psychischen Erkrankungen oder auch angeborenen körperlichen , sowie geistiger Behinderung oder anderen Gebrechen, der qualvolle Tod durch Vergasung oder andere grausame Tötungsmethoden . Jeder , der nicht in vollem Umfang seine körperliche Arbeitskraft zur Verfügung stellen und seine geistige Unversehrtheit beweisen konnte, war sofort unter Beobachtung der vielen Helfer des Schreckens- Regimes. Von da an war der Weg bis zur endgültigen Beseitigung des unwerten Lebens nicht mehr weit . 

**Position 1238** 
“Acht Krankheiten gebe es, da müsse der Arzt wachsam sein und handeln : angeborener Schwachsinn, Schizophrenie, zirkuläres Irresein, erbliche Fallsucht, erblicher Veitstanz , Blindheit, Taubheit, Missbildung und schwere Alkoholsucht. In Deutschland hätten sie dafür eigens Erbgesundheitsgerichte eingerichtet. Er behandle modern, hatte er gesagt. Aufgabe des Intelligenten sei es, den Volkskörper vom Abfall zu reinigen, von all dem Unschönen . Dies verstehe er als seine moralische Pflicht, auch die Volksgemeinschaft habe ihre Rechte und die Kranken ein Recht auf den Tod.” 

Wie schnell das Blatt sich wenden kann und ein Mensch in die Vernichtungsmaschinerie des NS Regime gekommen ist , davon erzählt dieser sprachgewaltige Roman . 
Stephanie von Hayeck, hat ihre fiktive Geschichte exelent an die tatsächlichen historischen Ereignisse der damaligen Zeit angepasst und gibt diesen viel Raum in der Erzählung. Ihr bildgewaltiger Schreibstil, lässt sich sehr gut lesen , gibt der Geschichte Tiefe , sowie eine atmosphärische Dichte, die durch die sensible und differenziert gezeichneten Protagonisten , perfekt abgerundet wird. 
Eine beeindruckend authentisch und aufwühlend emotionale Erzählung . 
Geschichte erschreckend und doch sehr sensible und poetisch erzählt . 

Für mich ein Roman der unbedingt gelesen werden sollte und meine absolute Leseempfehlung verdient . 
Sehr gerne vergebe ich für den intensiven und berührenden Roman 
5 Sterne 
und eine ganz klare Leseempfehlung 
 

@heidi_59