Rezension

Ein Ausflug nach Absurdistan

Rote Vögel - Mohammed Hanif

Rote Vögel
von Mohammed Hanif

Bewertet mit 3 Sternen

Abgesehen von der Sinnlosigkeit aller Kriege und ihrer Folgen - habe ich nicht viel mitnehmen können aus diesem Roman.

Ein Bomberpilot stürzt in der Wüste ab und wird nach einer Woche von einem Jungen, namens Momo, auf recht unsanfte Weise gerettet und in das Flüchtlingscamp gebracht, das er bombardieren sollte. Nicht weit entfernt oder sogar innerhalb dieses Camps befindet sich ein möglicherweise verlassener Hangar, der offensichtlich zur US-Armee gehört. Was in ihm vorgeht, ist geheimnisvoll. Sind überhaupt noch Armyleute da?

Dieses Setting ist schon mal sehr skurril. Die Protagonisten sind es nicht minder. Da ist Momo, der Antiheld, der seinen Bruder verloren hat und seine Familie, die jeweils auf ihre eigene Art darüber trauern. Irgendwie hat sein Verschwinden etwas mit dem Hangar und der Anwesenheit der Amerikaner zu tun. Da kein Leichnam vorhanden ist, kann die Familie nicht mit dem Todesfall abschließen.

Eine Psychologin erhebt eine Untersuchung darüber, wie sich Bomben und Tod und Flucht auf die Psyche junger „muslimischer Teenager“ auswirken. Die Psychologin wird von niemandem ernst genommen und ist als Lady Flowerbody unterwegs, auf sie projiizieren sich die sexuellen Träume aller Männer.

Ein Hund, Mutt, ist trauriger Beobachter und berichtet von seinen Leuten und wie schlecht er behandelt wird. Im Prinzip ist trotz gelegentlicher Versorgung des Camps mit Carepaketen aus der Luft, jeder Institution die Existenz  dieses Camps wurschtegal. Die Lage ist extrem hoffnungslos.

Mohammed Hanifs Roman wirkt zynisch und soll wohl Krieg und seine Folgen ad absurdum führen. Manchmal sind seine Betrachtungen wirklich klug, aber lustig sind sie nicht, der Zynismus wird niemals überwunden, jede Aktion führt weiter ins Absurde.

Hanifs Protagonisten handeln irreal. Keiner konnte mich begeistern, nicht der Hund, nicht der abgestürzte Pilot, nicht die Familie von Momo, nicht der Doktor, nicht die Psychologin. Man bekommt keinen richtig zu fassen.

Es ist und bleibt ein surrealistisches Gemälde, was Hanif ins Buch malt. Eben die Sinnlosigkeit an und für sich. Der Roman hat auch leider Längen und die Handlung kann mich nicht fesseln, aber am Nachteiligsten erscheint mir die Nebelhaftigkeit des Ganzen: ich verstehe dieses Buch nicht.

Fazit: Zynische, durchaus kluge Betrachtungen über die Sinnlosigkeit von Krieg und seinen Folgen: alle Handlungen und Gedanken führen, insoweit logisch, ins Absurde. Vielleicht das richtige Buch für die Longlist 2019 des Deutschen Buchpreises. Wenn es dort landet, lese ich mit Begeisterung erläuternde Rezensionen.

Kategorie: Anspruchsvolle Literatur
Hoffmann und Campe, 2019

Kommentare

Emswashed kommentierte am 18. August 2019 um 16:43

Oh Wanda!!!! Hast Du Hanifs anderen Bücher gelesen? Vor allen Dingen "Eine Kiste explodierender Mangos"? Ich liebe ihn, ich liebe seinen absolut schwarzen Humor, seine Beschreibung fremder "Kulturen", ohne Entschuldigung oder Rechtfertigung und seine trockene Art, einem die erschreckenden Konsequenzen um die Ohren zu hauen.

Ich danke Dir auf Knien, dass Du mich auf seine Neuerscheinung aufmerksam gemacht hast, aber schüttle immer noch meinen Kopf darüber, dass er nur 3 Sterne von Dir bekommen hat.

In meinem dunklen Loch wäre mir dieses Licht beinahe unbeachtet entgangen. Danke! Danke! Danke!

wandagreen kommentierte am 18. August 2019 um 18:50

Ah, liebe Ems. Wenn der Hanif nicht Brite wäre- würde der sicher auf die Longlist kommen. Ich war unendlich traurig, als ich merkte, dass das nicht geht!! !!

Ems, du bist der blaueste Blaustrumpf, den ich je getroffen habe! und das nach deinem anfänglich schwierigen Leselaufbahnstart!

Ich fand die roten Vögel unendlich langweilig.