Rezension

Ein bedrückendes Kapitel deutscher Geschichte

Dein Schweigen, Vater -

Dein Schweigen, Vater
von Susanne Benda

Bewertet mit 5 Sternen

Es war am Fronleichnamstag 1945 als der Vater mit Mutter und Großeltern aus der Heimat vertrieben wurde. Ganz plötzlich und ohne Vorwarnung. Ja, es gab vorher schon einige kleine Scharmützel zwischen den Deutschen und den Tschechen und deutsch zu sprechen, das sollte vermieden werden. Aber, so denken die erwachsenen Kinder Maria und Uli heute, warum erzählt der Vater nicht davon? Und was hat das mit uns zu tun?

 

Er war 12 Jahre alt, als er gemeinsam mit über 25000 anderen die Heimatstadt Prüm verlassen musste. Der Marsch war unendlich lang und grausam. Viele starben und wurden am Wegesrand liegen gelassen, sie verhungerten oder waren verdurstet. „Dein Schweigen Vater“ beruht auf Tatsachen und die Autorin beschreibt einen Teil ihrer Familiengeschichte. Maria und Uli haben es schwer, ihr Leben in den Griff zu bekommen. Maria hat zwar eine Familie, aber glücklich ist sie nicht. Und Uli? Der lebt alleine in seiner Schreinerwerkstatt. Beide hadern mit sich und ihrer Umwelt. Bis sie sich ein Herz fassen und nach Brünn fahren. Sie wollen genau diesen Weg gehen, den ihr Vater vor so vielen Jahren ging. Vielleicht können sie ihn danach ein wenig besser verstehen, so meinen sie.

 

Der Roman ist ein Debüt und ich bin beeindruckt. Vom Stil, von der Umsetzung dieses so ernsten Themas und von der abwechslungsreichen und bildhaften Sprache. Es wird keinerlei Schuld zugewiesen und wer denkt, dass die Betroffen in Jammern und Wehklagen verharren, der irrt. Ja, sie haben bleibenden psychische Schäden davongetragen. Aber sie kämpfen um einen Platz im Leben und das ohne Verbitterung.

 

Das Schicksal der Vertriebenen berührte mich sehr und ich wollte mehr darüber erfahren. Aus dem Grund griff ich auch zu diesem Buch. Es kann sich niemand vorstellen wie es ist, die Heimat verlassen zu müssen. So viele Jahre lebten Deutsche und Tschechen in einer Stadt, Straße oder sogar unter einem Dach. Und dann, von heute auf morgen, wurden aus Freunden erbitterte Feinde. Beim „Todesmarsch von Brünn“ waren hauptsächlich Frauen, Senioren und Kinder beteiligt. Die jüngeren Männer waren in Gefangenschaft. Und erst im Jahr 2015 gab es eine Entschuldigung vonseiten des Stadtrats aus Brünn. Wobei ich persönlich meine, dass die nicht für die Sünden der Väter verantwortlich sind. Eine nette Geste war es trotzdem.